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ThemaDu kannst nicht immer gewinnen!8 Beträge
RubrikAusbildung
 
AutorJose8f M8., Dillingen / Saar / Saarland738388
Datum 14.09.2012 13:32   8373 x gelesen
Es war einmal ein junger Mensch namens Otto.
(Er heißt Otto, weil ich in Feuerwehrkreisen keinen Otto kenne).

Jede Feuerwehrkarriere beginnt damit, dass ein Mensch sich für etwas interessiert. So ist das auch bei Otto: Er interessiert sich für die Feuerwehr, wird in die Einsatzabteilung aufgenommen und lernt zunächst einmal das Handwerk in Theorie und Praxis.
Irgendwoher -teils aus sich selbst, teils aus der Gruppe, teils aus seinen Erfolgserlebnissen- bezieht Otto seine Motivation.

Er möchte so gut und so schnell wie die anderen sein oder noch besser.
Hier wird Otto durch seine Feuerwehrumwelt geprägt: Je mehr seine Ausbilder und Kameraden können und tun und zusammen halten, um so mehr lernt Otto durch Nachmachen: Er macht die richtigen Dinge nach, er fühlt sich als Teil der Gruppe, entwickelt Gruppengeist.
Gute richtig Vorbilder vermitteln Otto noch etwas weiteres: Dass es nicht nur um Fitness, Fachwissen, Technik und Taktik geht, sondern auch um die Grundeinstellung: Das Ehrgefühl, den meist unausgesprochenen Kodex der Feuerwehrleute.

Nehmen wir an, dass Otto wirklich gute Kumpels und Kumpelinen hat, die ihm Freunde, Ausbilder, Vorbilder und Kameraden im positivsten Sinne sind.

Dadurch lernt er von ihnen auch folgendes, was auch seine Lebenseinstellung wird:
Es ist uns egal, wen wir retten, aus welcher Zwangslage und mit welchen Mitteln. Wenn man uns ruft, dann kommen wir und tun was wir können.
Wir gehen dafür durchaus auch Risiken für unser eigenes Leben ein, wenn wir irgendeine Aussicht auf Erfolg haben. Wir lassen dabei aber nie einen von uns im Stich. Wir sind die einzigen, die schnell genug da sein können um bei Feuer, Unfall und anderen Notlagen Leben zu retten. Wenn wir nicht kommen, kommt die Hilfe vermutlich nicht rechtzeitig. Wenn wir Fehler machen, reduzieren wir die Chance des Opfers zu überleben.
Wir haben eine Verantwortung übernommen und stehen dazu.
Das ist unsere Motivation und unsere Ehre.

Erst damit wird Otto zu einem echten Feuerwehrangehörigen:
Er lebt das Prinzip Feuerwehr, versteht dass wir die Uniform mit uns ausfüllen und nicht die Uniform uns erst zu etwas macht.

Otto schließt die Grundausbildung ab, fährt Einsätze mit.
Er erlebt in seinem Team Erfolge und auch mal Misserfolge,
die ebenfalls gemeinsam aufgefangen werden.

Schließlich kommt der erste Brandeinsatz, bei dem nicht mehr gerettet werden konnte: In der Wohnung findet der Angriffstrupp eine leblose Person, bringt sie in Freie,
doch der Notarzt kann nur noch den Tod feststellen.

Otto hat als Angriffstruppmann den Tod kennengelernt.
Er hat alles richtig gemacht, und es hat trotzdem nicht gereicht.

Und nun?

Glücklicherweise hat Otto Feuerwehrkumpelinen und Kumpels, die mit ihm darüber reden. Sie erklären ihm, dass wir nicht immer gewinnen können, weil wir nun mal nicht den Lauf der Welt ändern können.
Dass wir aber auch Feuerwehrleute sind:
Wir vergessen die Toten nicht, sondern ehren sie.
Wir trauern, im dem wir noch besser werden:
Wir trainieren noch härter, überlegen wie wir noch ein par Sekunden mehr einsparen können bis der Löschangriff steht, halten all unser Wissen aktuell.
Otto versteht das, wird von den anderen aufgefangen und wird so ein noch viel besserer Feuerwehrmann.

Ein paar Jahre und viele erfolgreiche Rettungen später, als Otto schon ein eigenes Kind hat und glücklicher Vater ist passiert es dann wieder:

Otto und seine Truppfrau finden im Feuer das vermisste Kind, bringen es nach draußen und es ist unwiederbringlich tot. Das kleine tote Kind erinnert ihn an sein eigenes, dass er gerade erst ins Bett gebracht hat.
Es erwischt ihn voll, er ist verzweifelt.
An tote Erwachsene gewöhnt man sich zwar auch nicht, aber man wird irgendwie damit fertig, die Gesicher verblassen nach einer Weile.
Kinder- das ist etwas ganz anderes, die vergessen Feuerwehrleute nie.

Schließlich, nach dem Einsatz, nimmt ein alter, erfahrener Gruppenführer den sichtlich aufgelösten Otto zur Seite: Erinnerst Du Dich noch, was Du damals gelernt hast als Du neu warst? Wir können nicht immer gewinnen. Manchmal ist es einfach so, dass wir alles gegeben haben und trotzdem können wir die Menschen in Gefahr nicht retten. Ein Kind nicht retten zu können ist mit das Schlimmste was Feuerwehrleuten passieren kann. Aber:
Wenn Du jetzt aufgibst, dann macht das dieses Kind auch nicht wieder lebendig. Wenn Du weitermachst, dann rettest Du vielleicht schon morgen Nacht einem anderen Kind das Leben-einfach weil Du zur richtigen Zeit am richtigen Ort bist und es kannst. Wir werden immer schlechte Verlierer sein: Wir werden nie damit einverstanden sein, wenn wir jemanden nicht retten konnten. Wir werden Einsätze auswerten, Taktiken optimieren, tüfteln wie wir hier und dort noch ein paar Sekunden herausschinden können um noch schneller zu sein.
Wir werden nie aufgeben. Und Du gehörst nun mal zu uns dazu!

Das gibt Otto zunächst mal das, was er braucht:
Den Grund weiterzumachen, den er vorher nach dieser Nacht nicht mehr finden konnte.

Otto braucht eine ganze Zeit, bis er über das tote Kind hinweggekommen ist, doch zusammen mit seinem Löschzug und seiner Familie schafft er es. Vergessen wird er es nie. Doch das ist auch nicht sein Ziel. Er möchte das Andenken des Kindes ehren, indem er Tag für Tag von neuem versucht, der beste Feuerwehrmann zu sein der man nur sein kann.

Die Moral der Geschichte:
Bildet ehrlich aus.
Erklärt Euren Anwärtern, dass es Tote geben wird.
Erklärt Ihnen aber auch, wie wir damit umgehen können und wollen:
Dass wir kein Opfer vergessen, keinen von uns allein stehen lassen und es verarbeiten, indem wir alles daransetzen noch besser zu werden, damit wir beim nächsten Mal gewinnen.
Habt lebenserfahrene Kolleginnen und Kollegen unter Euch, die schlimme Einsätze sinnvoll nachbereiten können, nicht den Aushang mit der Telefonnummer irgendeines selbsternannten, außenstehenden Seelsorgers am schwarzen Brett.

Das sollte für uns Ehrensache sein.

Gruß aus dem Saarland

Jo




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AutorMark8us 8K., Emmelsbüll-Horsbüll / Schleswig-Holstein738401
Datum14.09.2012 14:254477 x gelesen
Danke, besser hätte man es nicht formulieren können!

Kameradschaftliche Grüße von der Nordsee

Markus

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AutorFran8k E8., Viskafors / Västra Götaland738404
Datum14.09.2012 14:324398 x gelesen
Geschrieben von Josef M.Bildet ehrlich aus. Erklärt Euren Anwärtern, dass es Tote geben wird.
Erklärt Ihnen aber auch, wie wir damit umgehen können und wollen:
Dass wir [...]keinen von uns allein stehen lassen und es verarbeiten, indem wir alles daransetzen noch besser zu werden, damit wir beim nächsten Mal gewinnen.
Habt lebenserfahrene Kolleginnen und Kollegen unter Euch, die schlimme Einsätze sinnvoll nachbereiten können,

Genau das habe ich das eine oder andere Mal versucht, hier mitzuteilen. Gerade die Sache mit den "lebenserfahrenen Kollegen" halte ich für enorm wichtig. Steuern kannst Du das jedoch als einzelner nicht - nur mit Offenheit über Deine eigenen Gefühle und Probleme, die gerade aktuell sind, kannst Du andere (vielleicht) für Dich öffnen. Je nach Team, in dem Du arbeitest.
___
Ganz unter uns: Bei mir war es halt der erfahrene Oberarzt, der bei meiner ersten Gerichtsvorladung als angeklagter Arzt von seinen Erfahrungen aus seinen Prozessen mir die Angst und die Sorgen etwas nehmen konnte. Und ja - ich finde es gut, dass es Rechtsanwälte gibt. Lieber verzichte ich auf Reporter.

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AutorGerr8it 8L., Frankfurt / Hessen738408
Datum14.09.2012 14:394390 x gelesen
Danke!!!!!

immer wieder ein Genuss wenn du dich zu Wort meldest.

Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

Albert Einstein



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AutorOliv8er 8S., Starnberg / Bayern743354
Datum29.10.2012 17:073989 x gelesen
Josef,

das ist seit langem der beste Beitrag, den ich hier gelesen habe.

Ich führe gerade mit ein paar Kameraden die Diskussion, warum Drill in der FW-Ausbildung wichtig und richtig ist - diese Geschichte ist ein unschlagbares Argument.

Vielen Dank - you made my day!

Oliver

FF Starnberg
https://www.facebook.com/oliver.schwab

aktuelle Sammlung von Unfällen bei Einsatzfahrten bzw. mit Einsatzfahrzeugen:
Operation Sichere Einsatzfahrt
http://sichere-einsatzfahrt.de/category/feuerwehr/

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AutorDani8el 8S., Pasewalk / M-V743356
Datum29.10.2012 17:453723 x gelesen
Danke Josef!

Das bringt es sehr gut auf den Punkt. Ich für meinen Teil bin sehr dankbar für jeden einzelnen Einsatz bei dem ich einen der besagten erfahrenen an meiner Seite hatte. Genau dadurch lernt man das Handwerk und alles was damit verbunden ist von der Pieke auf! Und genauso macht es einem sehr viel Freude wenn mann jetzt selbst einer der erfahrenen ist und jungen Kameraden ihr Rüstzeug für die Zukunft mit auf den Weg geben kann!

Nochmal Danke!

MkG

Daniel

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AutorFran8k L8., Ensdorf / Saarland743363
Datum29.10.2012 19:033601 x gelesen
Hallo Josef, danke für diese Geschichte. Ich hoffe, das du nix dagegen hast, diese zu kopieren und in der Übung vorzutragen.

Grüße aus Ensdorf

Frank L.

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AutorJose8f M8., Dillingen / Saar / Saarland743366
Datum29.10.2012 20:023504 x gelesen
Hallo!

Übliche Spielregeln: freie Verwendung für dienstl. Zwecke unter Quellenangabe.

Gruß aus dem Saarland

Jo




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 14.09.2012 13:32 Jose7f M7., Dillingen / Saar
 14.09.2012 14:25 Mark7us 7K., Emmelsbüll-Horsbüll
 14.09.2012 14:32 ., Viskafors
 14.09.2012 14:39 ., Frankfurt
 29.10.2012 17:07 Oliv7er 7S., Starnberg
 29.10.2012 17:45 Dani7el 7S., Pasewalk
 29.10.2012 19:03 Fran7k L7., Ensdorf
 29.10.2012 20:02 Jose7f M7., Dillingen / Saar
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