Thema | EuGH: Köln hätte Feuerwehr-Software ausschreiben müssen | 4 Beträge |
Rubrik | Recht + Feuerwehr |
|
Autor | Jürg8en 8M., Weinstadt / Baden-Württemberg | 859111 |
Datum | 29.05.2020 10:09 | 3995 x gelesen |
Die Stadt Köln hat bei ihrer Zusammenarbeit mit Berlin bei Software für Feuerwehreinsätze einen Dämpfer vor dem Europäischen Gerichtshof erlitten. Eine solche Kooperation zweier Behörden könne durchaus ein "öffentlicher Auftrag" sein, der ausgeschrieben werden müsste, entschieden die EU-Richter am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-796/18).
Die Stadt Köln hatte mit dem Land Berlin im September 2017 vereinbart, kostenlos die Software "Ignis Plus" für die Einsatzleitstelle der Feuerwehr zu übernehmen. Dabei sagten beide Seiten vertraglich zu, sich Weiterentwicklungen des Computerprogramms gegenseitig unentgeltlich zu überlassen.
Dagegen klagte die Firma ISE aus Aachen, die ebenfalls Leitstellen-Software entwickelt. ISE argumentierte, dass die erwartete Weiterentwicklung ein öffentlicher Auftrag sei, der nicht ausgeschrieben wurde. Lediglich der ursprüngliche Entwickler des Programms könnte mit den Updates betraut werden und so weiter Geld verdienen.
MkG Jürgen Mayer, Weinstadt
 Beitrag bewerten
|
|
|
Autor | Jürg8en 8M., Weinstadt / Baden-Württemberg | 859119 |
Datum | 29.05.2020 19:00 | 2156 x gelesen |
hallo,
hier liest es sich aber anders :-()
MkG Jürgen Mayer, Weinstadt
 Beitrag bewerten
|
|
|
Autor | Pete8r M8., Wien / Wien | 859121 |
Datum | 29.05.2020 22:51 | 1835 x gelesen |
Urteil und der ausführlichere Schlussantrag des Generalanwalts sind auf curia.eu nachlesbar (Das Urteil noch nicht über die Suche, sondern die Auflistung jüngster Urteile). Mit der Geschäftszahl C-796/18 alles auffindbar.
Der Heise-Titel ist in seiner Absolutheit schlicht falsch, der zweite Bericht in die andere Richtung.. na ja, Eigenwerbung
Das OLG Düsseldorf hatte drei Vorlagefragen gestellt:
1. Ist ein "Vertrag" etwas anderes als ein "öffentlicher Auftrag", der dem Vergaberecht grds. unterliegt?
Antwort: nein
Daraus leitet heise die von wem immer initiierte Schlagzeile ab
2. Gibt es die "horizontale Zusammenarbeit", die div. Kooperationen erlaubt, wenn die Dienstleistung (Feuerlöschen) nicht gemeinsam erbracht wird?
Antwort: ja, denn (a) reicht das gemeinsame Ziel, und (b) - etwas grundsätzlicher - ist die Leitstellensoftware nicht bloß akzessorisch
Das erlaubt die Zusammenarbeit und kann eine teilweise Freistellung von Wettberwerbsregeln bedeuten - geht als OLG retour
3. Darf die Zusammenarbeit zur Besser- bzw. Schlechterstellung Dritter (der privaten Softwarefirmen) führen?
Antwort: nein
Auf Wienerisch war das die no-na Frage. Wenn der Quellcode und andere zweckdienliche Hinweise bei Weiterentwicklung einer öffentlichen Ausschreibung zugänglich sind - was das OLG zu prüfen hat, weil der EuGH das nicht wusste - schadet die Reduzierung der Ausloberanzahl nicht. Sonst vermutlich schon
Dazu mein Nachsatz aus Beteiligung an Vergabeverfahren auf verschiedenen Seiten: Die beschwerdeführende Firma spielt da mit dem Feuer; Wenn ich einen überschaubaren Verbund Berlin-Köln verhindere, gründen (dürfen gründen) die Bundesländer morgen eine Dachfirma, die bundesweit ausschreibt, dann gibt es einen Auslober und einen Gewinner - hatten wir mit Republik Österreich und Microsoft schon am Tisch, rechtlich wasserdicht, aus anderen Gründen wieder weitgehend entschärft
Grüsse
Peter Beitrag bewerten
|
|
|
Autor | Jürg8en 8M., Weinstadt / Baden-Württemberg | 859365 |
Datum | 10.06.2020 19:50 | 1323 x gelesen |
hallo,
hier mal was direkt von der Feuerwehr Köln:
FW Köln:
Teilerfolg für Kölner Feuerwehr EuGH-Urteil im Verfahren um Software für die Leitstelle der Kölner Feuerwehr
Im Beschwerdeverfahren um die Beschaffung der neuen Einsatzleitstellensoftware "IGNIS Plus" hat die Kölner Feuerwehr einen wichtigen Teilerfolg errungen: Der Europäische Gerichtshof bestätigte in seinem Urteil vom 28. Mai 2020, dass eine Einsatzleitstellensoftware einer Berufsfeuerwehr grundsätzlich Gegenstand einer ausschreibungsfreien Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern sein kann.
Hintergrund ist ein Beschwerdeverfahren des Softwarehersteller ISE aus Aachen gegen die Stadt Köln. Grund der Beschwerde ist ein 2017 geschlossener Kooperationsvertrag zwischen der Stadt Köln und dem Land Berlin zur dauerhaften und kostenfreien Nutzung der eigens für die Berliner Feuerwehr programmierten Leitstellensoftware "IGNIS Plus". Dagegen wehrte sich das IT-Unternehmen ISE, da es sich durch die Kooperationsvereinbarung benachteiligt sah. ISE macht geltend, dass der Auftrag durch die Stadt Köln hätte ausgeschrieben werden müssen. Nachdem sie in erster Instanz bei der Vergabekammer Rheinland scheiterten, reichten sie in zweiter Instanz Beschwerde beim Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf ein. Das OLG Düsseldorf rief in diesem Zusammenhang den Europäischen Gerichtshof an, um zu klären, ob die Softwareüberlassung und Kooperationsvereinbarung der öffentlichen Träger überhaupt als öffentlicher Auftrag im Sinne der Vergaberichtlinie zu verstehen ist und damit dem Vergaberecht unterliegt.
Die EU-Richter kamen zu dem Ergebnis, dass ein Vertragswerk, bestehend aus Softwareüberlassungs- und Kooperationsvertrag, zwar grundsätzlich ausschreibungspflichtig ist, Ausnahmen aber eindeutig möglich sind. So kann eine Einsatzleitstellensoftware grundsätzlich Gegenstand einer ausschreibungsfreien Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern sein. Es genüge, dass sich die Zusammenarbeit auf eine zur eigentlichen öffentlichen Aufgabe nebensächliche Tätigkeit bezieht, sofern diese Tätigkeit zur wirksamen Erfüllung der öffentlichen Aufgabe beiträgt. Darüber hinaus legt der EuGH dem Oberlandesgericht die Frage zur Prüfung auf, ob sich eine Einsatzleitstellensoftware aufgrund ihrer Wichtigkeit und Unverzichtbarkeit überhaupt auf den Rang einer rein nebensächlichen Tätigkeit reduzieren lässt. Der Fall geht nun zur abschließenden Prüfung und Entscheidung zurück an das OLG Düsseldorf.
IGNIS Plus seit April in Betrieb
Das neue Einsatzleitsystem "IGNIS Plus" ist seit Mitte April erfolgreich in Betrieb. Es ermöglicht der Leitstelle in Köln-Weidenpesch von Notrufannahme bis Einsatzabschluss noch effizienter durch den gesamten Einsatz zu leiten. Durch eine stärker systemgestützte Bearbeitung können nicht nur die geeigneten Einsatzmittel alarmiert und das Einsatzgeschehen in engem Austausch mit den Einsatzkräften vor Ort gelenkt werden, auch der Anrufer wird durch die Arbeitsentlastung der Leitstellen-Mitarbeiter noch besser betreut. So verwendet die neue Software die genauen Positionen der Einsatzfahrzeuge in Echtzeit und errechnet, welches am schnellsten am Einsatzort sein kann. Die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst erhalten darüber hinaus in Zukunft wesentlich präzisere Informationen für ihre Anfahrt. Im Zuge der Systemumstellung werden neben einer verbesserten Einsatzanalyse durch ein automatisiertes Datenmanagement zudem die Erfassung von Patientendaten und die Abrechnung optimiert.
Das neue Einsatzleitsystem ist dabei nur ein Baustein zur Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur innerhalb der Feuerwehr Köln. Neben dem weiteren Ausbau des Einsatzleitsystems durch zusätzliche Module werden auch das Kommunikations- und Alarmierungssystem stufenweise modernisiert. Hierdurch wird die Notfallversorgung für die Kölnerinnen und Kölner auch künftig bestmöglich gewährleistet. |
MkG Jürgen Mayer, Weinstadt
 Beitrag bewerten
|
|
|