alter Server
News Newsletter Einsätze Feuerwehr-Markt Fahrzeug-Markt Fahrzeuge Industrie-News BOS-Firmen TV-Tipps Job-Börse


1. Freiwillige Feuerwehr
2. Feuerwehrfrau
Großtanklöschfahrzeug
Tanklöschfahrzeug
Landkreis
RubrikKatastrophenschutz zurück
ThemaWaldbrände in NDS vor 30 Jahren - war: Waldbrände in Spanien.. -> Dämme bauen52 Beiträge
AutorDani8el 8R., Peine / Niedersachsen354864
Datum12.08.2006 19:46      MSG-Nr: [ 354864 ]28030 x gelesen
Infos:
  • 14.08.06 Die Waldbrände in Niedersachsen im August 1975 historisch betrachtet

  • Hallo,

    geschrieben von Andreas Rometsch:
    Vielleicht trägt diese Veranstaltung ihren Teil dazu mit bei...?
    Vielleicht. Auch bei uns, wie bei wohl vielen Feuerwehren hier in der Gegend, erzählen ältere Kameraden noch oft von den Waldbränden 1975, wobei die meisten von ihnen inzwischen den aktiven Dienst schon quittiert haben. Das bedeutet natürlich auch, daß praktische Erfahrungen, jedenfalls mit Waldbränden der damaligen Dimension, tatsächlich kaum noch vorhanden sind.

    Da wir über die Brände auf der iberischen Halbinsel m.E. teilweise recht abstrakt diskutieren und die Waldbrände in diesen Tagen genau 31 Jahre her sind, will ich das mal zum Anlaß nehmen, das Kapitel "Der große Waldbrand" sowie einige Absätze aus dem Kapitel "Der Einsatz der Peiner Kräfte" aus der Chronik der FF Peine von 2002 zu posten (ist zwar lang, aber meiner Meinung nach auch recht eindrucksvoll, zumal viele, vermutlich sogar die meisten hier die damaligen Ereignisse nicht parat haben dürften):



    Der große Waldbrand

    Der Sommer des Jahres 1975 war ein Bilderbuchsommer. Mitte Mai hatte es die letzten nennenswerten Niederschläge gegeben, ab Ende Juli stiegen die Temperaturen tagsüber auf mehr als 30 Grad, nachts kühlte es sich kaum noch unter 25 Grad Celsius ab. Hinzu kam ein zunehmender kontinentaler Ostwind, der mit 30 % und weniger Luftfeuchtigkeit sehr trocken war. Die Kiefernwälder der norddeutschen Tiefebene waren völlig ausgetrocknet, zusätzlich lagen immer noch große Bruchholzmengen aus dem Jahrhundertsturm im November 1972 in den Wäldern, selten zuvor war die Waldbrandgefahr in den Heidewäldern so groß gewesen. Dies waren die Rahmenbedingungen, die im August 1975 zur Waldbrandkatastrophe führten, dem größten Waldbrand in der Geschichte der Bundesrepublik, in dessen Verlauf rund 13.000 Feuerwehrleute aus acht Bundesländern im Einsatz waren und insgesamt sieben Menschen, sechs Feuerwehrmänner und ein Polizeibeamter, ihr Leben verloren. Allein in der Zeit vom 7. bis zum 19. August 1975 verzeichneten die Feuerwehren 297 Flächenbrände, fünf dieser Brände entwickelten sich zu Waldbränden bisher unbekannter Dimension.

    Bis zum Mittag des 8. August hatten die örtlichen Feuerwehren bereits 54 Brände unter Kontrolle gebracht, als um 13.25 Uhr bei der Feuerwehreinsatzleitstelle Gifhorn die Meldung über ein Feuer im Raum Stüde eingeht. Mit den örtlichen Kräften wird auch der Kreisbrandmeister des Landkreis Gifhorn alarmiert, der über sehr gute Ortskenntnisse in seinem Kreisgebiet verfügt. Schnell wird klar, dass die örtlichen Feuerwehren bei diesem Einsatz nicht ausreichen, der Kreisbrandmeister lässt sofort alle Tanklöschfahrzeuge im Kreis alarmieren und beordert sie zur Einsatzstelle, nach Absprachen mit dem Oberkreisdirektor löst dieser bereits um 15.00 Uhr Katastrophenalarm für den Landkreis Gifhorn aus. Der Oberkreisdirektor übernimmt daraufhin mit seinem Katastrophenschutz-Stab die Gesamteinsatzleitung, weitere Einsatzkräfte aus den Nachbarkreisen werden angefordert und in das Schadensgebiet entsandt. Zusätzlich übernehmen Hubschrauber die Beobachtung und Lagefeststellung aus der Luft. Am Nachmittag fordert der Einsatz das erste Menschenleben, der Kreisbrandmeister des Kreises Gifhorn stirbt auf einer Einsatzfahrt an den Folgen eines Herzinfarkts. Der auffrischende Ostwind facht das Feuer an und treib es, bei inzwischen drehenden Windböen, in Richtung Elbe-Seitenkanal. Zunächst wird davon ausgegangen, dass der mehr als 100 Meter breite, noch nicht geflutete Elbe-Seitenkanal eine weitere Ausbreitung des Feuers wie eine Brandschneise aufhalten wird, gegen 16.00 Uhr erreicht die Flammenwand allerdings den Kanal und überspringt ihn durch weitreichendes Flugfeuer. Nach einer erneuten Änderung der Windrichtung bedroht das um sich greifende Feuer den Ort Stüde, der nur unter großen Anstrengungen und nach der Anlage eines Schutzstreifens von der Feuerwehr gehalten werden kann. Am Abend des 8. August sind rund 1.000 Einsatzkräfte der Feuerwehren, aber auch der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutz und der Polizei im Schadensgebiet im Einsatz.

    Über Nacht flaut der Wind zwar ab, doch schon am Samstagmorgen frischt er wieder auf. Der Brand breitet sich in Richtung der Ortschaft Neuendorf-Platendorf aus, die mit Mühe gehalten werden kann. Während die Einsatzkräfte noch versuchen, der Flammen im Raum Stüde Herr zu werden, bricht westlich von Gifhorn, im Raum Leiferde ? Meinersen, gegen Mittag ein weiterer Großbrand aus, betroffen sind Wald-, Moor und Heidegebiete. Unter Aufbietung der letzten Reserven und mit der Hilfe von Tanklöschfahrzeugen, die von der Einsatzstelle Stüde abgezogen werden, gelingt es, diesen Brand bis zum Abend unter Kontrolle zu bringen. Gleichzeitig entsteht in der Gemarkung Unterlüß im Landkreis Celle ein Wald- und Heidebrand, 200 Feuerwehrleute und 200 Soldaten haben auch hier die Lage am Samstagabend gegen 20.00 Uhr unter Kontrolle.

    Am folgenden Sonntagmorgen, 10. August, treibt auffrischender Wind die Flammen im Schadensgebiet Stüde wieder Richtung Süden, das Feuer kann zwar an zwischenzeitlich angelegten Brandschneisen aufgehalten werden, doch das ist noch lange kein Grund für Entwarnung, da sich die Lage mit dem Wind jederzeit ändern kann. Am Sonntagmittag entsteht unweit des am Vortag gelöschten Brandes am Bahnhof Leiferde ein neuer Waldbrand, der sich mit rasender Geschwindigkeit ausdehnt. Weitere Kräfte, auch aus weit entfernten Landkreisen, werden angefordert. Hier ereignet sich die größte Tragödie im Verlauf der Waldbrandkatastrophe: Drei Feuerwehrleute aus Fallersleben und zwei Männer der Peiner Feuerwehrbereitschaft aus Hohenhameln sterben, als sie vom in rasender Geschwindigkeit um sich greifenden Feuer eingeschlossen werden. Nördlich von Celle, im Raum Eschede ? Oldendorf, wird kurze Zeit später ein weiterer Waldbrand gemeldet, der am Ende der größte werden sollte. Alle verfügbaren Feuerwehren im Landkreis Celle werden alarmiert. Gegen 13.00 Uhr erreichen die Flammen, die durch den starken Wind mit großer Geschwindigkeit durch Hochwald, Schonungen und Heideflächen getrieben werden, die Siedlung Queloh, die, als Insel inmitten des Flammenmeers, von den Einsatzkräften gehalten werden kann. Der Niedersächsische Innenminister und der Regierungspräsident des damaligen Regierungsbezirks Lüneburg kommen zu einer Lagebesprechung mit der Einsatzleitung in Stüde zusammen, nach der Besprechung wird Katastrophenalarm für den gesamten Regierungsbezirk Lüneburg ausgelöst.

    Am Montag, 11. August, verschlimmert sich die Lage in den Schadensgebieten Stüde, Bahnhof Leiferde und Eschede schlagartig, bereits um 11.00 Uhr betragen die Temperaturen 34 Grand und der Wind erreicht seine volle Stärke. Auf Veranlassung des Ministerpräsidenten löst der Regierungspräsident den Celler Oberkreisdirektor als Einsatzleiter im Bereich Eschede ab und bildet einen Katastrophenstab. Aus der ganzen Bundesrepublik werden nun weitere Einsatzkräfte angefordert. Der Wind treibt eine etwa drei Kilometer breite Flammenfront in südliche Richtung, am Abend hat das Feuer im Bereich Eschede bereits 2000 Hektar Wald vernichtet. Aus Frankreich kommen drei Löschflugzeuge vom Typ Canadair in die Heide, die pausenlos zwischen dem Steinhuder Meer und der Einsatzstelle Eschede pendeln, die Bundeswehr beteiligt sich mit weiteren Hubschraubern, die jetzt auch mit Wasserbehältern eingesetzt werden. Bergepanzer der Bundeswehr werden an allen Einsatzstellen eine wertvolle Hilfe, sie schleppen im Heidesand steckengebliebene Fahrzeuge frei und schaffen mit ihren Räumschilden Brandschneisen. Im Bereich Stüde wird am Montag die Zahl der Einsatzkräfte auf 2500 erhöht, denn auch hier kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Im Ortsgebiet Bahnhof Leiferde kommt es zu einer kritischen Brandentwicklung, hier geling es den Kräfte aber, das Feuer gegen Abend unter Kontrolle zu bringen.

    Acht Bundesländer entsenden am 11. und 12. August Unterstützungskräfte in die Brandgebiete, allein aus Hamburg kommen insgesamt 2500 Mann mit mehr als 150 Fahrzeugen, 140 Einsatzkräfte aus Hessen, unter der Leitung des in Feuerwehrkreisen bekannten Frankfurter Feuerwehrchefs Achilles, rücken unter anderem mit den in Hessen flächendeckend stationierten Großtanklöschfahrzeugen GTLF 6 (5500 l Wasser, 500 l Schaummittel, Allradantrieb) an. Auch aus Berlin kommen 300 Feuerwehrleute, was wegen der Fahrt durch die DDR und den damit verbundenen Schwierigkeiten sehr ungewöhnlich ist. Aus den Bundesländern Bremen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg kommen weitere 3300 Mann ins Einsatzgebiet.

    Am Dienstag, dem 12. August, meldet gegen 12.00 Uhr ein Feuerwachturm bei Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg einen weiteren Waldbrand. Bereits um 13.01 Uhr löst der Oberkreisdirektor Katastrophenalarm für den Kreis aus, denn zunächst steht nur ein Tanklöschfahrzeug zur Brandbekämpfung zur Verfügung, alle anderen Tanklöschfahrzeuge befinden sich bereits im Raum Eschede im Einsatz. Verstärkung kommt unter anderem aus Hamburg und Schleswig-Holstein, eintreffende Verbände aus Nordrhein-Westfalen werden in den Raum Gorleben weitergeleitet. Auch hier gelingt es den Einsatzkräften nur knapp, das Feuer mit Brandschneisen vor einigen Ortschaften zum Stehen zu bringen. Im Bereich Eschede sind inzwischen rund 9000 Helfer im Einsatz, auch sie müssen sich auf die Sicherung etlicher Ortschaften konzentrieren und bedrohte Siedlungen, zum Teil unter Einsatz von Bundeswehr- und Bundesgrenzschutzhubschraubern, evakuieren. Pioniere der Bundeswehr verlegen eine Löschwasserleitung, eine neue Erdgaspipeline wird ebenfalls in die Löschwasserversorgung einbezogen. Mit Planierraupen und Bergepanzern werden weitere Brandschneisen angelegt. Im Raum Stüde werden Kilometerlange Schlauchleitungen verlegt, die bis zu 700.000 Liter Wasser pro Stunde aus Kanälen und den Flüssen Aller und Ise in das Brandgebiet fördern.

    Im Verlauf des Mittwoch, 13. August, zeigen die Maßnahmen an den Einsatzstellen endlich Wirkung: An der Einsatzstelle Stüde kann das Feuer unter Kontrolle gebracht werden, im Bereich Eschede verhindert eine acht Kilometer lange und 150 Meter breite Brandschneise entlang der Oertze eine weitere Brandausbreitung nach Westen, die Wende im Kampf gegen die Flammen ist erreicht. Am Donnerstag sind mehr als 13.000 In- und Ausländische Kräfte von Feuerwehren, Bundeswehr, Grenzschutz, der britischen und niederländischen Armee, von den Hilfsorganisationen, dem Technischen Hilfswerk und der Polizei im Einsatz. Nun ist auch der Brand im Landkreis Lüchow-Dannenberg unter Kontrolle. Bis zum Freitag können wiederaufflammende Brände erfolgreich bekämpft werden, die Kräfte sind mit den Nachlöscharbeiten beschäftigt, erste Einheiten können in ihre Standorte entlassen werden. Am folgenden Sonntag wird der Katastrophenalarm in den Landkreisen und im Regierungsbezirk aufgehoben, die letzten auswärtigen Einsatzkräfte und die übrigen Helfer können am 17. August 1975 entgültig abgezogen werden.




    Der Einsatz der Peiner Kräfte

    Kurz vor 13 Uhr erhielten die Fahrzeuge von Lengede und Hohenhameln aus der Peiner Feuerwehrbereitschaft und das Tanklöschfahrzeug der Feuerwehr Fallersleben aus Wolfsburg den Auftrag, das Feuer östlich der Ortschaft Meinersen zu bekämpfen. Sie rückten über einen parallel zur B 188 verlaufenden Sandweg zur Brandstelle vor. Aus ungeklärter Ursache blieb das Fallerslebener TLF nach etwa 600 Metern zurück, die Lengeder und Hohenhamelner fuhren rund 300 Meter weiter, setzten rückwärts in einen Seitenweg und begannen mit der Brandbekämpfung. Ortskundige Einweiser bestimmten einen Fluchtweg in entgegengesetzter Richtung. Zunächst schienen die Löscharbeiten völlig ungefährlich, bei Windstille brannte lediglich Gras auf dem Waldboden. Dann änderte sich die Lage jedoch schlagartig. Unter orkanartigem Rauschen und Heulen brach plötzlich von Osten ein Feuersturm los, binnen Sekunden füllte sich die Luft mit Rauch und Funken, die Baumwipfel standen in hellen Flammen. Das Feuer raste nördlich an den Männern vorbei und kam von Osten auf sie zu, als die Fahrzeuge auf dem Fluchtweg Richtung Süden fuhren, schlugen die Flammen bereits über den Feuerwehrwagen zusammen. Nach etwa 1400 Metern erreichten das Lengeder und das Hohenhamelner Fahrzeug die rettende Bahnlinie Hannover ? Wolfsburg, doch einem Lengeder und vier Hohenhamelner Feuerwehrkameraden wurde der Weg zu ihren Fahrzeugen abgeschnitten. Sie flüchteten in Richtung des zurückgebliebenen Fallerslebener Tanklöschfahrzeugs, dessen Besatzung noch zu löschen schien. Die Flüchtenden riefen ihnen zu, alles stehen und liegen zu lassen und ebenfalls zu fliehen ? die drei erfahrenen Feuerwehrleute aus Fallersleben blieben jedoch bei ihrem Fahrzeug zurück, der erst sechzehnjährige Hartmut Oelkers aus Hohenhameln stieß zu ihnen, offenbar in der Annahme, sich in Sicherheit zu befinden. Die restlichen vier Flüchtenden liefen weiter Richtung Süden, doch nur wenige Meter später brach der Hohenhamelner Feuerwehrmann Otto Könneker zusammen ? Erschöpfung und Atemnot hatten unbarmherzig seine Flucht beendet. Mit Brandverletzungen erreichten die restlichen drei Männer den rettenden Bahndamm. Das Fallerslebener Tanklöschfahrzeug brannte völlig aus. Die drei Kameraden der Feuerwehr Fallersleben sowie die Kameraden Hartmut Oelkers und Otto Könneker fanden in den Flammen den Tod.

    Als die Nachricht eintraf, dass Feuerwehrleute ums Leben gekommen seien und kurz später die Hohenhamelner zwei von sieben Feuerwehrmänner als vermisst meldeten, erinnert sich Willi Plünnecke
    (Anm.: Bereitschaftsführer und später Kreisbrandmeister LK Peine) gefragt zu haben, wieso es sieben Männer auf dem Fahrzeug der Hohenhamelner waren, denn eigentlich waren nur sechs Mann als Besatzung vorgesehen. Außer der Stammbesatzung des Hohenhamelner Fahrzeugs war noch ein zusätzlicher Feuerwehrmann zum Einsatz mitgefahren: Es war der erst sechzehnjährige Hartmut Oelkers. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurden die verstorbenen Feuerwehrkameraden am Freitag, dem 15. August 1975, in Hohenhameln und Fallersleben beigesetzt. Heute erinnert ein Gedenkstein an der Unglückstelle in der Nähe der Bundesstraße B 188 an die Kameraden, die bei der Bekämpfung des großen Waldbrandes ihr Leben verloren.



    Beitrag inhaltlich zustimmen / ablehnen

     antworten>>
    flache AnsichtBeitrag merkenalle Beiträge als gelesen markieren
    Beitrag weiterempfehlen

     ..

    2.248


    Waldbrände in NDS vor 30 Jahren - war: Waldbrände in Spanien.. -> Dämme bauen - Feuerwehr-Forum / © 1996-2017, www.FEUERWEHR.de - Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Mayer, Weinstadt