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| Rubrik | Recht + Feuerwehr | zurück | ||
| Thema | Das mysteriöse Konto der Heider Feuerwehr
| 110 Beiträge | ||
| Autor | Rain8er 8K., Altenholz / Schleswig-Holstein | 785769 | ||
| Datum | 28.03.2014 17:21 MSG-Nr: [ 785769 ] | 28467 x gelesen | ||
Moin, ich hänge mich mal an diesen Beitrag ran, auch wenn sich meine Äußerungen auch auf andere Aussagen beziehen. Die rechtliche Stellung der Freiwilligen Feuerwehren in SH ist in der Tat sehr kompliziert. Ich habe noch niemanden gefunden, der mir das wirklich überzeugend erklären konnte. Somit ist es auch kein Wunder, dass die Mehrzahl der Verantwortlichen den rechtlichen Rahmen ihrer Tätigkeit selbst nicht verstanden haben. Klar ist, dass die FF eine rechtlich unselbständige Einrichtung der Gemeinde ist. Das ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 2 BrSchG. Gleichzeitig gilt diese Stellung aber auch nur für die Aufgaben gem. BrSchG. Und da finden sich z.B. keine Hinweise auf Kameradschaftspflege, Brauchtum, Kulturarbeit usw. Diese sind interessanterweise den Kreis- und Stadtfeuerwehrverbänden als KÖR zugedacht. Tatsächlich gibt es aber bei den Feuerwehren solche Aktivitäten, z.B. als Musikzüge, Theatergruppen usw. In der vom Land (verpflichtend) erlassenen Mustersatzung findet sich zumindest der Musikzug und die Bestimmung, dass "zur Pflege der Kameradschaft eine Kameradschaftskasse eingerichtet (wird), die von der Kassenführung (Vorstandsmitglied gem. BrSchG) im Rahmen der Beschlüsse der Mitgliederversammlung geführt wird. Ihre Einnahmen bestehen insbesondere aus Schenkungen und anderen Zuwendungen." (§ 15 Abs. 1 Mustersatzung). Diese Satzung wird formal von der Mitgliederversammlung der FF beschlossen und vom Wehrführer unterzeichnet. Dieses deutet juristisch darauf hin, dass die FF neben der öffentlichen Einrichtung (für die Aufgaben nach BrSchG) gleichzeitig auch ein nicht-eingetragener Verein (für die Zwecke der Kameradschaftspflege, Kulturpflege usw.) ist. Zumindest hat das der Bundesfinanzhof schon 1996 für eine FF aus NRW so entschieden und eine Körperschaftsteuerpflicht bejaht. Das Hamburger Finanzgericht hat das in einem aktuellen Fall einer FF in Hamburg anders gesehen (Revision zugelassen), allerdings gehört in HH die Kameradschafts- und Kulturpflege gem. Landesverordnung zu den öffentlichen Aufgaben der FF. Für die Kameradschaftskassen werden i.d.R. Bankkonten geführt, die nicht(!) auf die Gemeinde als Träger lauten. Banken, die etwas davon verstehen, schlüsseln die FF ebenfalls als nicht-eingetragener Verein, der vom Wehrführer und einem weiteren Vorstandsmitglied vertreten wird. Schon vor 25 Jahren musste ich als Banklehrling alle FF in unserem Bereich anschreiben und darauf hinweisen, dass ein Konto der Kameradschaftskasse nicht auf den Namen des Kassenwartes lauten darf. Dass es das heute noch geben soll, macht mich somit fassungslos. Steuerlich ist ein nicht-eingetragener Verein (und damit nach BFH-Auffassung auch die Kameradschaftskasse der FF) grundsätzlich körperschafts-, gewerbe-, Kapitalertrag- und umsatzsteuerpflichtig - allerdings nur soweit er im größeren Umfang wirtschaftlich tätig wird. Die Grenze liegt bei 17.500 Euro Umsatz, 5.000 Euro Reingewinn und 801 Euro Zinserträge aus der wirtschaftlichen Tätigkeit pro Jahr. Spenden, Schenkungen, Mitgliedsbeiträge usw. zählen dabei nicht mit. Übrigens: Das Vermögen, das auf dem Konto angesammelt wird, spielt steuerlich keine Rolle, es geht nur um Erträge und Umsätze. Wer sich an diese Grenzen hält, braucht sich vor dem Finanzamt nicht zu fürchten. Unter diesen Bedingungen macht die Kameradschaftskasse eines nicht-rechtsfähigen Vereins auch Sinn: Man kann relativ unbekümmert Geld für die Kameradschaftspflege ausgeben und muss sich weder um kommunales Haushaltsrecht noch um das komplizierte Gemeinnützigkeitsrecht scheren. Wer allerdings mehr einnehmen und ausgeben will, ist mit einem (gemeinnützigen) e.V. besser bedient. Das "Vermögen der Feuerwehr" fällt bei Auflösung an die Gemeinde und darf nur für Feuerwehrzwecke verwendet werden (§ 17 Abs. 3 Mustersatzung). Diese Bestimmung macht nur Sinn, wenn man die FF als nicht-eingetragenen Verein ansieht, der neben dem Gemeindehaushalt ein eigenes Vermögen besitzen kann. Darum hat die Gemeinde auch keinerlei Einsichts- und Mitbestimmungsrechte über Bestand und Verwendung der Kameradschaftskasse. Sie kann als Träger der öff.-rechtl. Feuerwehr nur tätig werden, wenn gegen Bestimmungen der selbst beschlossenen Satzung für den privatrechtlichen Verein verstoßen wird. Hier wird's aber widersprüchlich - darum tut man sich in Heide wohl auch so schwer und bittet um rechtliche Beratung durch das Innenministerium und den Kreis. Zu den Fehlentwicklungen in SH: Viele FF führen Kameradschaftskassen, die weit über den eigentlichen Sinn der Kameradschaftspflege hinausgehen. Ich gehe davon aus, dass die o.g. steuerrechtlichen Vorschriften nicht überall eingehalten werden. Meistens werden sie noch nicht einmal bekannt sein. Es ist üblich, in der Jahreshauptversammlung den Kassenbericht ohne konkrete Zahlen abzugeben, weil man (vielleicht zu Recht) befürchtet, dass ein hoher Bestand der Kameradschaftskasse die Politiker dazu verleiten könnte, den jährlichen Zuschuss zu reduzieren oder bei Beschaffungen einen Eigenanteil der Kameradschaft zu verlangen. Die Mehrzahl der Kameraden weiß also gar nicht, wie viel Geld in der Kasse ist. Der Bürgermeister soll es nicht wissen. Die Ernsthaftigkeit, mit der die Kassenprüfung erfolgt, ist zumindest sehr unterschiedlich ausgeprägt. Feuerwehrverbände und Aufsichtsbehörden tauchen ab, wenn es darum geht, die rechtlichen Rahmenbedingungen der FF auch für den nicht-öffentlichen Teil der Aufgaben konkret zu erklären. Offenbar will man lieber in einer Grauzone bleiben als das böse Erwachen bei vielen auszulösen. Zur Situation in Heide: Ich gehe nach den Presseberichten davon aus, dass der damalige Kassenwart einen Teil der übervollen Kameradschaftskasse auf einem höher verzinslichen Konto angelegt hat. Es handelt sich nach meinem Rechtsverständnis um Vermögen des nicht-rechtsfähigen Vereins FF Heide. Geklärt werden muss das Problem folglich von den Kameraden, die - ob bewusst oder unbewusst - diesen Verein konkludent bilden. Dass man dabei den rechtlichen Rat von Verwaltungsbehörden annimmt, kann nur sinnvoll sein. Wenn Straftaten begangen worden sein sollten, müssen diese selbstverständlich verfolgt werden. Ansonsten hoffe ich, dass der Vorfall die Verantwortlichen in allen Teilen des Landes aufrüttelt und zu einer Klärung der rechtlich unklaren Fragestellungen beiträgt. Viele Grüße von der Ostsee, wo die Sonne mit der "Warmfront aus Polen" aufzieht Rainer | ||||
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