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Notarzteinsatzfahrzeug
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RubrikRettungsdienst zurück
Thema 'Alle 15 leitenden Notärzte in Chemnitz lassen Ämter ruhen' FP 28.07.    # 6 Beiträge
AutorFran8k E8., Viskafors / Västra Götaland792716
Datum29.07.2014 10:27      MSG-Nr: [ 792716 ]3827 x gelesen

Geschrieben von Sascha T.... passend zum Dauerthema Notarztmangel*:
Es ist ja bereits richtig analysiert worden. Das Thema Notarztmangel ist hausgemacht und die Lösungen sind über eine adäquate Bezahlung zu finden.

Hauptursachen im System:
1. Die Krankenhäuser finden nicht mehr ausreichend Ärzte, die über die entsprechenden Qualifikationen verügen. Dies wird besonders deutlich, wenn man sieht, dass viele der Notaufnahmen mit Ärzten besetzt sind, die (noch) nicht fliessend Deutsch sprechen. Die deutsche ärztliche Sprachausbildung ist grottenschlecht. Das muss man einfach eingestehen. Andere Länder haben da mehr Erfahrung und bessere Ergebnisse bzw. schicken Ärzte zurück in den Kurs, wenn noch Sprachmängel bestehen (z.B. wie bei mir in Schweden - 6 Wochen waren nicht ausreichend. Ein Ärztemangel kann definitiv NICHT durch schlecht sprechende Kollegen ausgeglichen werden. Das weiss ich jetzt aus eigener Erfahrung.)

2. Wenn die Hausärzte und andere Niedergelassene den Notarztdienst übernehmen, dann funktioniert das nur über eine angemessen Vergütung. Nach einem Tag in de Praxis bis 18.00 wollen die wenigsten (und m.E. zurecht!) sich noch die Nacht um die Ohren schlagen mit Alarmierungen um 2.00 und 5.00 Uhr zu (schlimmstenfalls) Fehleinsätzen, wo kein Arzt gebraucht wird und die Kassen eine Bezahlung verweigern.
Und wenn ich von Vergütungen im 70 Euro Bereich pro Einsatz lese ... dann hat man also für 140Euro minus Steuern die Nacht nicht geschlafen und es wartet wieder ein 10-12 Stunden Tag alleine in der eigenen Praxis. So kann man keine Angestellten finanzieren, die sonst auch mal die Praxis alleine "schmeißen", bis man wieder fit ist.

3. Die Notärzte müssen sich räumlich am Notarztstandort aufhalten. Also evtl. entfernt von Zuhause und der Praxis. Es können weder administrative Tätigkeiten durchgeführt werden, noch ist man bei der Familie. Somit landen die meisten Dienste bei denen, die ihre Praxis am Standort der NEF haben. Deutliche Diensthäufung ist die Folge und erzeugt Unzufriedenheit.

4. Die Gefahr des Notarzdienstes wollen viele dann auch nicht mehr eingehen. Regelmäßige (Beinahe-) Unfälle mit den Einsatzfahrzeugen - gerade die Gegend Freiberg / Flöha ist straßentechnisch überhaupt nicht mit z.B. "nördliches Schleswig Holstein" zu vergleichen. Enge Serpentinen, keine Randstreifen, viele unübersichtliche Kuppen, sobald am Steuer ihres Fahrzeugs werden die Sachsen blutrünstige ...

5. Die Gehälter für angestellte Ärzte liegen nach einigen Jahren Berufserfahrung ÜBER den Vergütungen im Notarztdienst. Es steckt schon viel Enthusiasmus dahinter, wenn man also für weniger Bezahlung seinen ruhigeren und geordneteren Klinik-Arbeitsplatz verlässt und statt dessen schlechter Bezahlt irgendwo NEF fährt. An manchen Standorten stempelt man sich für NEF Einsätze während der Arbeitszeit ja sogar aus.

6. Aus Punkt 5 erschliesst sich ein weiterer Punkt: Für die Kliniken ist es eine Katastrophe, wenn z.B. ein Chirurg oder Anästhesist das Haus mit dem NEF verlässt und EINE Operation dadurch nicht statt findet und der Gewinn fehlt. Das macht mal eben die Kosten für einen Notarzt auf /24h aus. Ergo ist es billiger, irgendwo her Notärzte anzuheuern und die guten(!) eigenen Leute für sich zu behalten. Fällt so ein Fremd-Notarzt plötzlich aus (Krankheit), sind Dienste dann natürlich unbesetzt. Eine "Krankenhaus" Reserve sieht die Klinikleitung ja aus o.g. Gründen gerade nicht vor.

7. aus Punkt 6 folgt auch: Ein angestellter Arzt kann laut EU Arbeitszeitregelung nicht mehr 24h am Stück arbeiten. Ein Freiberufler schon. Es gibt durchaus 72 Stunden NEF Dienste - die sind sogar ganz angenehm an den "Landwachen" oder "Inselwachen". Nachteinsätze kann man tagsüber mit Schlaf ausgleichen. Diese Möglichkeit hat ein Hausarzt nicht - da stehen ab 7.00 oder 7.30 wieder seine Patienten auf der Matte. Egal wie krank oder gesund der Hausarzt sich fühlt.

Meine Schlussfolgerung
Die hoheitliche Aufgabe "Sicherstellung der notfallmedizinischen Versorgung" kostet Geld.
Sachsen hat durch Unterbezahlung durch die Kostenträger das Problem des Notärztemangels selbst erzeugt. Andere Bundesländer locken Notärzte z.B. durch attraktive Standorte auf den Ferieninseln, kostenlose attraktive Wohnungen für die ganze Familie, unbürokratische Abwicklungen der Einsatzprotokolle, deutlich höherer Bezahlung pro Stunde (ich selbst hatte schon Küstenstandorte bis zu über 40% mehr Vergütung bei gleicher regelmäßiger Arbeitsbelastung) als derzeit in Sachsen und andere Standorte mit Bonus pro Einsatz plus (die mäßige) Grundvergütung. Die relativ kleine Gruppe der Notärzte in Deutschland, die Einsätze im ganzen Bundesgebiet übernehmen, konzentriert sich dadurch auf andere Gebiete als Sachsen. Bayern steuert konsequent in die gleiche Richtung und muss aufpassen.
BadenWürttemberg hat dies Problem anders gelöst - Kontrollgremien wurden wohl konsequent aus der Gesetzgebung gestrichen.

Andere Regionen haben da schon lange aufgepasst, ihre Mitarbeiter konsequent auf die Notarztkurse geschickt und in die Arbeitsverträge die Besetzung des NEF eingeschrieben bzw. auch ein Bonussystem geschaffen, das beide Seiten (Arbeitgeber und Mitarbeiter) zufrieden stellt.
Wie bereits von mir auf der Rettmobil 2014 gesagt:
Ich hoffe, der Notfallsanitäter wird konsequent umgesetzt - die Befürchtungen der ärztlichen Standesvertreter kann ich nicht teilen. Ich hoffe sogar, dass in Zukunft weniger Notarzteinsätze gebraucht werden. Lieber einen guten Notfallsanitäter als irgendeinen Notarzt, der nicht weiss, was er tut, sein Tun völlig übertreibt oder demotiviert ist, weil er zum Dienst "verdonnert" wurde.

* Aus Gründen der Vereinfachung habe ich die weibliche Forum nicht verwendet. Trifft aber auf beide Geschlechter zu.

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