alter Server
News Newsletter Einsätze Feuerwehr-Markt Fahrzeug-Markt Fahrzeuge Industrie-News BOS-Firmen TV-Tipps Job-Börse

banner

Feuerwehr
1. Truppmann
2. Teleskopmast(bühne)
RubrikFreiw. Feuerwehr zurück
ThemaGratwanderung: Stellenangebote der Gemeinde mit Feuerwehrdienst verknüpfen    # 16 Beiträge
AutorSeba8sti8an 8K., Grafschaft / RLP806988
Datum12.04.2015 16:45      MSG-Nr: [ 806988 ]7186 x gelesen

Auszug aus dem Artikel der FP: Gramlich setzt eine klare Grenze: Die Einstellung von städtischen Mitarbeitern in welcher Form auch immer an die Bereitschaft zum Feuerwehrdienst zu knüpfen, sei nicht erlaubt. "Es kann niemand, der sich ausdrücklich für einen freiwilligen Dienst bereit erklärt, formal besser gestellt werden als jemand, der dies nicht tut", sagt Gramlich. Ich sehe solche Fragestellungen immer noch unter dem Aspekt des Urteils des Bundesarbeitsgerichtes vom 7. Dezember 2006 (2 AZR 748/05), wo nach einer Konkurrentenklagen festgestellt wurde, dass die (in diesem Falle Weiter-) Beschäftigung eines feuerwehrangehörigen Arbeitnehmers bei einer Kommune, die gesetzlich zum Brandschutz verpflichtet ist, zumindest mal ein "betriebliches Interesse" im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes darstellt. Das heißt, ein ehrenamtlicher Feuerwehrangehöriger kann hier als derartiger "Leistungsträger" des kommunalen Arbeitgebers gesehen werden, dass dieser ihn im Falle notwendiger Kündigungen völlig aus der notwendigen Sozialauswahl außen vor lassen darf. Eine Sozialauswahl wiederum würde bedeuten, aus den Inhabern von mehreren (gleichartigen/-wertigen) Stellen folgende Kriterien zu berücksichtigen: Dauer der Betriebszugehörigkeit - Lebensalter - Unterhaltspflichten - Schwerbehinderung des Arbeitnehmers. Und da steht der ehrenamtliche Feuerwehrangehörige nach höchster Arbeitsrechtsprechung schon ganz drüber (aber: wenn der Arbeitgeber das so will!) - das ist doch mal gar nicht so schlecht, oder?

Weshalb man aber bei Einstellungen von Feuerwehrangehörigen (aber nicht nur da) immer wieder schnell vor dem großen bösen Monster Gleichbehandlung und Antidiskriminierung kuscht, hat nach meiner Ansicht einen ganz simplen Grund: Man kuscht heute immer gerne davor, weil man sich so u.U. einiges an Ärger und Rechtsweg erspart. Denn dieser ganze große Bereich wird noch soviel Rechtsprechung und Auslegung erfahren müssen, weil die Gesetze da schon extrem allgemein und auslegungsbedürftig sind. Sonst könnte ja bei aller Gleichbehandlung am Ende doch noch jemand vergessen worden sein, und das geht ja gar nicht... Das wissen auch die Gewerkschaften/Rechtsanwälte, die in diesen Fällen gerne und schnell zur Klage raten, auch weil (potentielle) Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht auch mal verlieren können, ohne dass die Gegenseite ihnen gegenüber ihre Kosten geltend machen darf.
Und wie eine Rechtssprechung am Ende auch aussehen könnte, zeigt die Vorinstanz von o.g. Urteil. Da hatte das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (vereinfacht) festgestellt, die Teilnahme an Einsätzen könne u.a. deshalb nicht als Argument für die Weiterbeschäftigung der Feuerwehrangehörigen gelten, weil die Beschäftigte ja dann noch mehr Zeit für die Feuerwehr hätte, wenn sie ihren Job los wäre... (kein Witz!)
Insofern ist es schon ein wenig nachvollziehbar, dass die kommunalen Arbeitgeber und deren Berater die Frage schnell mit "geht so nicht" vom Tisch haben wollen. Lässt man es drauf ankommen, wird man schnell mal überrascht.

Was im o.g. Rechtsstreit aber auch deutlich wurde: Zwar war die Stelle schon mit einem (sehr geringen) Anteil mit "Teilnahme an Einsätzen der Feuerwehr" beschrieben, aber die Gerichte haben trotzdem ausdrücklich die vollständige Ehrenamtlichkeit des Feuerwehrdienstes in der betroffenen Gemeinde angesprochen. Jetzt wirds leicht kurios: Es steht explizit "Teilnahme an Einsätzen" in der Stellenbeschreibung, was auf den ersten Blick auch die sauberste Lösung wäre, aber in der Zeit, wo ein so beschäftigter Ehrenamtlicher dann an Einsätzen teilnimmt, arbeitet er ja gar nicht auf seiner beschriebenen Stelle, sondern ist, wie jeder privatwirtschaftliche Arbeitgeber auch, davon freigestellt. Und zur Teilnahme am Einsatz wäre er ja auch verpflichtet, wenn es nicht Teil seiner Stellenbeschreibung wäre. Also ist dieser Inhalt der Stellenbeschreibung gleichermaßen rechtlich sauber als auch rechtlich schnurzepiepegal, und eigentlich wird ihm in dieser Stellenbeschreibung etwas unmögliches aufgegeben: Wie soll er dem dauerhaften Arbeitsauftrag nachkommen, ehrenamtlich an Einsätzen teilzunehmen, wenn er in dieser Zeit gar nicht arbeitet? Um das abzukürzen: eine mögliche (!) Sichtweise ist also, dass die Verknüpfung des Feuerwehrdienstes mit der Stellenbeschreibung des Hauptjobs noch lange nicht ausreicht, um eine quasi-hauptamtliche Feuerwehrkraft aus dem Beschäftigten zu machen. Mit allen Konsequenzen, was Freistellung, Überstunden, Versicherung... angeht, und sollte irgendwann der Beschäftigte zwar noch arbeiten können, aber nicht mehr zur aktiven Einsatzmannschaft gehören können/wollen, wird damit nicht direkt die Stelle frei, sondern, tja, praktisch wird es wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass die Feuerwehr dann eben Pech hat. Oder man fängt wieder an, das ganze mal gerichtlich arbeits- und brandschutzrechtlich auseinandernehmen zu lassen, und lässt sich überraschen.

Soviel zu dem rechtlichen Aspekt, die aus meiner Sicht (und Erfahrungen aus der eigenen Kommune) praktischen Probleme der Feuerwehrzugehörigkeit kommunaler Beschäftigter hatte ich hier schon wie oft beschrieben, die insgesamt dazu führen, dass solche Regelungen nur einen ganz kleinen Baustein zur Bewältigung der Personal- bzw. Tagesalarmprobleme leisten können:
  • Wieviele Feuerwehrstandorte gibt es, wieviele Standorte von Verwaltungen/Bauhöfen?

  • Wieviele Mitarbeiter und Stellen gibt es dort insgesamt, wieviel Fluktuation, damit ausgebildete Feuerwehrangehörige eingestellt werden können?

  • Wenn man vorhandene Mitarbeiter in die FW einbinden will, wieviele sind dazu geeignet, wieviele motiviert?

  • Auch wenn die Jobs im ÖD gelegentlich wie Bundestrainer oder Kanzler angesehen werden (= jeder am Stammtisch könnte es, und zwar besser), sind da doch mitunter bestimmte Fähigkeiten, Kenntnisse und Ausbildungen notwendig.

  • Bei ehrenamtlichen Einsatzkräften der Feuerwehr ist das auch so, gerade zu den tagesalarmschwachen Zeiten muss sich das notwendige Wissen und Können auf das vorhandene Personal konzentrieren, und es kann nichts durch das mehr im Feuerwehrsystem kompensiert werden. Also reicht es nicht wenn Kräfte hier helfen wollen, und ein Feuerwehrleben als TM hinter sich bringen.

  • Wieviele Leute können die genannten Anforderungen beider Seiten erfüllen, und wo akzeptiert man welche Abstriche?

  • Wieviele Feuerwehrangehörige stehen dann am Ende bei Einsatz tagsüber mehr zur Verfügung?

Das alles berücksichtigen, die Brandschutz über alles-Brille ablegen, miteinander reden, Gleichbehandlung mal Gleichbehandlung und Stellenbeschreibung mal Stellenbeschreibung sein lassen, und dann kann das auch funktionieren, solche kleinen Bausteine ordentlich ins ehrenamtliche Feuerwehrsystem einzufügen. Aber es ist nicht das Allheilmittel.

"In der Regel machen es die reinen Experten nicht gut. Das ist wie vor Gericht. Der Zeuge weiß, wie es war, versteht aber nichts. Der Gutachter versteht alles, weiß aber nicht, wie es war.
Der Richter versteht nichts und weiß nichts, aber er entscheidet - nachdem er alle angehört hat."
(Wolfgang Schäuble, Stern-Interview vom 20.06.2013)

Beitrag inhaltlich zustimmen / ablehnen

<< [Master]antworten 
flache AnsichtBeitrag merkenalle Beiträge als gelesen markieren
Beitrag weiterempfehlen

 ..

2.533


Gratwanderung: Stellenangebote der Gemeinde mit Feuerwehrdienst verknüpfen - Feuerwehr-Forum / © 1996-2017, www.FEUERWEHR.de - Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Mayer, Weinstadt