Geschrieben von Simon S.Weil Fernmeldedienst immer stiefmütterlicher behandelt wird. Ohne dass ich die einzelnen Protagonisten hier im Thema direkt damit anspreche (weil das vermutlich eher noch die "positiven Ausreißer" sind), sondern eher die Gruppe generell: Das seid ihr Fernmelder doch selber schuld!
Wenn ein Bereich im KatS/einer BOS stiefmütterlich behandelt wird, gibt es dafür praktisch zwei mögliche Gründe:
1. Kein Geld.
2. Bedarf wird falsch/nicht bewertet.
Nr. 1. wird von oben diktiert, Nr. 2. kommt zunächst mal aus der Organisation heraus, bevor "oben" überhaupt darüber (politisch) entschieden wird muss der Bereich das erstmal formulieren und vorschlagen, was er warum will.
Nr. 1 kann mir im Fernmeldebereich in den letzten Jahren keiner ernsthaft erzählen, denn was in den kleinsten Kommunen heute schon für Fernmeldetechnik rausgeschleudert wird, hat es vorher jahrzehntelang so nicht gegeben.
Nr. 2 ist das Problem. Denn es sind oft diejenigen, die früher noch die größten Fans von z.B. Relaisaufbau, Feldkabel und Co. waren, die heute meinen den örtlichen ELW1 mit koalitionsgesprächstauglichen Telefonanlagen ausstatten zu müssen, und im Gerätehaus in Pseudozentralen modernste EDV zu brauchen, die genau so lange überhaupt theoretisch eingesetzt werden kann, wie nicht die falschen zwei Angehörigen der Einheit gleichzeitig in Urlaub oder Krankenbett sind. Und komischerweise klappt dann auch das Darstellen des (angebl.) Bedarfs und das Einfordern der Finanzmittel ganz gut. Auch noch auf Ebene der Landkreise, da fahren den ELW2(+) auch zunehmend GW-L/MZF mit zusätzlicher Technik hinterher. Und auch auf Landesebene gibt es Ausstattungskonzepte und Beschaffungen/Förderungen, da kann man den Hut vor ziehen.
Aber dabei geht es eben immer um modernste Techniken, oft einsatztaktisch gesehen reine Spielereien, oft Sachen die im Falle des Falles dummerweise die größte Ausfallwahrscheinlichkeit haben. Der Fernmeldezug im alten KatS hatte die Aufgabenbeschreibung "stellt zusätzlich erforderliche Fernmeldeverbindungen her, ersetzt ausgefallene Fernmeldeeinrichtungen und -verbindungen des KatS und betreibt sie" (STAN 081). Die meisten passionierten Fernmelder haben sich aber vom Sicherstellen der Kommunikation in besonderen, zeitlich und/oder örtlich umfangreichen Einsatzlagen verabschiedet und das Alltagsgeschäft zum Ausleben ihrer Technikaffinität entdeckt.
Und je wilder das wird, desto größer die Probleme, einen "BOS-Notfunk" als Kerngeschäft der Fernmelder wieder aufzubauen. Denn wenn du Bürgermeister/Landrat/Minister jahrelang Unsummen von Euros für die ganze Technik abgeschwätzt hast, und kommst dann mit dem Hinweis, jetzt brauchst du plötzlich Betrag X, weil alles vorherige mit einer gewissen Ausfallwahrscheinlichkeit versehen ist oder für Großlagen schlicht nicht passt, tja, dann wird das Überzeugen der Entscheidungsträger irgendwann eben schwieriger und schwieriger.
"In der Regel machen es die reinen Experten nicht gut. Das ist wie vor Gericht. Der Zeuge weiß, wie es war, versteht aber nichts. Der Gutachter versteht alles, weiß aber nicht, wie es war. Der Richter versteht nichts und weiß nichts, aber er entscheidet - nachdem er alle angehört hat." (Wolfgang Schäuble, Stern-Interview vom 20.06.2013)
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