Rubrik | Freiw. Feuerwehr |
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Thema | Freiwillige Feuerwehr in RLP kann Zwang die Personalnot beheben? #
| 82 Beiträge |
Autor | Nils8 J.8, Wackersdorf / | 883270 |
Datum | 12.05.2023 12:58 MSG-Nr: [ 883270 ] | 1255 x gelesen |
Bayrisches Feuerwehrgesetz
Oh Mann echt jetzt?
Diese Diskussion ist in Teilen eines Fachforums unwürdig! Ich picke mir jetzt nur mal so ein paar Keypoints raus:
Unterscheidung von "Pflichtfeuerwehren" und "zum Feuerwehrdienst Verpflichteten":
Die Landesgesetze der Bundesländer regeln das unterschiedlich: in allen Fw- bzw Brandschutzgesetzen die ich kenne ist die Prämisse, daß der Feuerwehrdienst freiwillig geleistet werden soll. In den Fällen, wo auf diese Weise nicht mehr genug Personal rekrutiert wird (von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich: "Funktionsstärke x 2 oder x 3"), die Feuerwehr aber zwingend notwendig ist, kann dann auf verschiedene Weise verpflichtet werden: In RLP können wohl lt. Gesetz einzelne Personen zur Feuerwehr "hinzuverpflichtet" werden: zu den vorhandenen zB 8 freiwilligen Piepels werden dann bszw. noch 10 hinzuverpflichtet und dann haste wieder (auf dem Papier) deine doppelte Gruppenstärke. In Bayern wäre das mWn so nicht möglich: hier würde die gemeindliche "Freiwillige Feuerwehr" aufgelöst und eine "Pflichtfeuerwehr" aufgestellt. Zwangsverpflichtungsquote wären dann 100%. Der Kommandant würde dann zB auch nicht mehr gewählt, sondern per-ordere-de-mufti ernannt.
"Notwendige" oder "leistungsfähige" Feuerwehr:
Was für eine Kommune notwendig ist, was sich die Kommune leisten kann und wie leistungsfähig eine Kommune ihre Feuerwehr aufstellen möchte bestimmt traraaa: die Kommune. Dafür gibt es Regeln, an denen sich diese orientieren kann und auch sollte. Aber nicht muß weil dafür sind die vielbeschworenen örtlichen Begebenheiten zu unterschiedlich. Praktischerweise macht also irgendein Verwaltungsfuzzi oder besser jemand der sich mit der Materie auskennt, einen Vorschlag über den der Stadt-/Gemeinderat abstimmt - neudeutsch: Brandschutzbedarfsplan. Bestenfalls wird das von der Kommunalaufsicht (kommt weiter unten) abgenickt und DAS ist die "notwendige" Feuerwehr.
Und in dem großen Getriebe, daß jeder jeden Tag am drehen hält, kann das dazu führen, daß der Sand in selbigem knirscht: was heute an Feuerwehr ausreichend ist, kann morgen zuviel oder zuwenig sein. Was ich mir heute nicht leisten kann, muß ich mir aber morgen kaufen. Die drei Gemeindefeuerwehren, die mit zwei Zügen das Gemeindegebiet sauber abdecken, können für die Erweiterung des Industriegebietes zuwenig sein. Der Rettungsdienst, den ich als Millionenstadt der Feuerwehr auf´s Auge gedrückt habe, kann mittlerweile zuviel sein
Und manchmal isses einfach ganz schnöde so, daß die gesellschaftliche Entwicklung die verwaltungstechnische einfach "rechts überholt": Da werden jahrelang Pläne gemacht, dann ausgebildet/eingestellt und Strukturen aufgebaut, die dann, wenn sie endlich stehen, hoffnungslos unzureichend sind...
Im Art. 1 BayFwG steht der schöne Passus haben die Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1) aufzustellen". Das bedeutet aber auch, daß mit zurückgehender Leistungsfähigkeit der Gemeinde (und damit ist insb. die finanzielle Leistungsfähigkeit gemeint), der Umfang des abwehrenden Brandschutzes zurückgeschraubt werden kann. Feuerwehr is in da rechtlicherweise keine Einbahnstraße zu immer höher-schneller-lauter. So ne Reduktion macht aber halt so gut wie keiner, zumindest nicht abrupt. Und wie es um die finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Stadtstaaten in Dtschld. steht, ist eigentlich zu Genüge bekannt - da sind aber auch die Rechtsgrundlagen abweichend.
Aufsicht im öffentlichen Bereich:
Die Aussage, daß man in unserem Land tun und lassen kann, was man will und daß eine öffentliche Einrichtung bewußt und ungestraft gegen Gesetze verstoßen kann ist der größte Stuß, den ich hier seit langem gelesen habe: Feuerwehr ist unbestrittenermaßen eine öffentliche Einrichtung der Kommune (teilweise sogar eine Behörde). In Bayern (das ist jetzt in anderen Bundesländern wieder anders aber immer ähnlich gestrickt) untersteht sie der Dienstaufsicht des Bürgermeisters. Die Kommune (somit auch der Bürgermeister) wiederum untersteht (was Feuerwehr angeht - da Aufgabe im eigenen Wirkungskreis) der Rechtsaufsicht der Landkreise und der oberen Rechtsaufsicht der Bezirksregierungen usw. usw Und jede Ebene hat die Möglichkeiten nach unten Anordnungen und Weisungen zu erteilen bzw. sich nach oben verwaltungsrechtlich zu wehren. Und das wird jeden Tag auf allen Ebenen auch getan! Und wenn innerhalb der Einrichtungen einzelne Personen Schindluder treiben, dann hat man wiederum als einzelne Person die Möglichkeit der zivil- oder strafrechtlichen Überprüfung oder man haut einfach mal ne Dienstaufsichtsbeschwerde raus...
Nur so aus unserem Landkreis zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidungen: Pflicht zur Ersatzbeschaffung eines Hubrettungsgerätes (hat der Landkreis gg die Kommune gewonnen), Positionierung des Fw-Gerätehauses in einer Kommune (hat der Landkreis gg die Kommune verloren). Und als weiteres Beispiel: der Druck von Bezirk und Landkreis auf unsere eigene Kommune den Brandschutz im Industriegebiet zu verbessern, mit der verklausulierten Drohung "könnt Ihr weiter so machen, dann gibt´s aber keine Baugenehmigungen mehr".
Der vom Verwaltungsgerichtshof "einkassierte" Rettungsdienstplan in BaWü is auch hier im Forum angesprochen worden.
Selbst die vielbeschworenen Politiker unterstehen einer Aufsicht zusätzlich zur rechtlichen, die allerdings einer gewählten Person viele Entscheidungsfreiheiten zubilligt, auch der des Volkes. Alle vier Jahre wird das Volk gefragt, ob es mit seiner Regierung einverstanden ist und wählt sich Vertreter in ein Parlament. Und wenn das Volk mehrheitlich sagt: "Jooo, des mit Feuerwehr, Rettungsdienst, Schulen, Behördengängen, Wohnungsbau etc. läuft zwar Scheiße aber dafür haben wir endlich einen Flughafen und wir kaufen Wasserleitungen und Wohnungsbaugesellschaften zurück" dann ist das so. Nennt sich Demokratie is bei weitem net perfekt aber was Besseres ist bisher keinem eingefallen bzw. hat sich net durchgesetzt. Da kann übrigens jeder mitmachen: aufstellen lassen, Leute überzeugen, wählen lassen. Allerdings muß man sich dann möglicherweise von irgendwelchen Leuten anhören, er/sie/es könne als gewählter Gemeinde-/Landkreis-/Bezirkstagsrat (<- Liste is erweiterbar) auch gleich "nebenbei" noch Feuerwehr mitmachen
Grüße aus der Oberpfalz
Nils
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