Hallo,
geschrieben von Olf Richter:
Rettungskräfte die ein noch um 8 mal höheres Gefährdungspotential darstellen ihre Feuerwehrführerschein beim Tabakhändler um die Ecke abholen können. Das geht so in die Hose, da bin ich ganz sicher...leider.
Na ja, dazu sind inzwischen eigentlich alle Argumente in diversen Threads ausgetauscht worden... Oder, leicht abgewandelt: Dazu ist alles gesagt, von nahezu jedem.
Auch wenn die vorherrschende Forumsmeinung eine überwiegend einhellig einseitige ist, gibt es dazu zwei Standpunkte, für die es jeweils auch gute Argumente gibt. Angesichts der Vehemenz des letzten Satzes von Olf (aus dem Zitat), will ich mal kurz mit einigen Pro-Argumenten anfangen (die wie grade geschrieben m.E. auch durchaus nicht von der Hand zu weisen sind):
- Etwa 50 Jahre lang war es in der Bundesrepublik möglich (bis dahin allerdings auch nur bis 3,5 t, ebenso im Osten), mit dem normalen PKW-Klasse 3 Führerschein auch LKW bis 7,5 t zu fahren, ohne dass dabei das absolute Chaos ausgebrochen wäre.
- Um so beachtenswerter übrigens, da ein 7,5 Tonner damals / bei Einführung dieser Regelung tatsächlich noch ein echter LKW war: Ein ausgewachsenes LF 15 der Kriegsbauart (SLG, z.B. auf Magirus S 3000) hat ein zGG von 7.150 kg, (T)LF usw. auf den klassischen Mercedes Haubern oder Magirus Rundhaubern aus den 50ern bleiben auch oft noch unter 7,5 t, der Mercedes Kurzhauber der 60er Jahre war in einer verbreiteten Variante - L 323 bzw. L 710 - ein 7,5 Tonner, ebenso die noch bis Ende der 60er gebauten (und sehr ausgewachsenen) Postkoffer auf Magirus Rundhauber Sirius / 90 D 7 usw. usf.
- Wenn es um Kleinfahrzeuge bis 4,75 t geht, so sind dieses heute um so weniger LKW, als damals. Sie lassen sich weit einfacher fahren, das Fahr- und Bremsverhalten ist sehr PKW-ähnlich, Assistenzsysteme (ABS, ASR etc.) tun ihr übriges. Das gilt auch für die Dimensionen der Fahrzeuge, es handelt sich um Transporter, nicht mehr um (echte) LKW.
- Geht es um Fahrzeuge bis 7,5 t, gilt im Prinzip dasselbe: Die Unterschiede zwischen einem 3,5 t, 5 t und 6 t Sprinter z.B. sind nicht so gewaltig, ein Vario wiederum ist zwar viel mehr LKW als die Transporter, doch auch er ist weitgehend problemlos zu handlen. Warum also die relativ resp. sogar sehr willkürliche Grenze von 4,75 t? (resp. 3,5 t !?)
- Die führerscheinrechtlichen Regelungen für Anhänger - Gewicht Änhänger, Gesamtzuggewicht usw. - sind zuletzt ebenso schwer durchschaubar wie nachvollziehbar.
- Ganz zuletzt: Noch heute werden täglich (Einsatz-) Fahrzeuge über 3,5 t von Klasse 3-alt Führerscheininhabern durch den Straßenverkehr bewegt - erfolgreich bzw. ohne die hier ausgemalten, verheerenden Folgen (siehe auch Punkt 1).
Es gibt allerdings natürlich auch viele (gute) Contra-Argumente:
- Man kann trefflich darüber streiten, ob es überhaupt jemals eine gute Idee war, Inhabern des PKW-Führerscheins auch das Führen von LKW zu erlauben; zumal ja sogar auch noch ein Tandemachs-Anhänger mit dem 1,5-fachen Gewicht des Zugfahrzeugs erlaubt war, womit sich ein Gesamtzuggewicht von 18,75 t ergibt (was aber den meisten pot. Fahrern wohl auch - glücklicherweise ? - gar nicht so ganz klar war...). Interessant dabei auch, dass m.W. niemand sonst auf solch eine Idee gekommen ist, auch nicht in D / im DR bis 1945 und in der DDR.
- Schwerere Fahrzeuge verhalten sich, trotz allem, anders als PKW. Irgendwann wirkt sich das höhere Gewicht doch aus, im Zweifelsfall sehr ungünstig. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch das PKW-ähnliche Fahrverhalten wiederum ein Nachteil, da es sich eben nicht um einen PKW handelt; gut zu besichtigen bei diversen Unfällen mit sog. "Sprintern" in Kurierdiensten und dgl., seit sich vor allem Mercedes dazu aufschwang, die gesamte Transporterreihe überaus üppig zu motorisieren (damit eine Kettenreaktion in der gesamten Branche auslöste) und so Geschwindigkeiten bis locker 150 - 160 km/h (oder mehr) zu ermöglichen...
- Grade vor diesem Hintergrund scheint es (wieder) etwas verwegen, ausgerechnet den Fahreren von Einsatzfahrzeugen, die ohnehin einem erhöhten Unfallrisiko unterliegen, das Führen der Fahrzeuge ohne die entsprechende Ausbildung zu gestatten.
- Zumal damit eigentlich eher langjährige Versäumnisse der Träger abgemildert werden sollen: Die kommende Führerscheinregelung mit der Grenze von 3,5 t war ab 1980 absehbar / bekannt, fast 20 Jahre später wurde sie Ende der 90er Jahre umgesetzt / Gesetz, wiederum zehn Jahre später "erwachten" auch die Träger und Feuerwehr-Führungskräfte aus ihrem (insgesamt mindestens 30 Jahre) langen Dornröschenschlaf...
- Zuletzt: Die Grenze von - ebenso relativ willkürlichen - 4,75 t resp. auch 7,5 t wird längerfristig niemanden weiterbringen, da auch jetzt schon wieder erreicht bzw. bzgl. der 7,5 t längst Makulatur; klassische 7,5 t Feuerwehrfahrzeuge, wie LF 8, jetzt LF 10, bewegen sich längst bei 8 bis 9 t, absehbar 10 t, heute schon mit Ausreißern bis 12/13,5 t. Die alte 7,5 t -Grenze bringt also defakto eigentlich schon längst niemanden mehr auch nur ein Stück weiter.
Tja, quo vadis?
Gruß
Daniel
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