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| Rubrik | Einsatz | zurück | ||
| Thema | Womit bei Elektrofahrzeugen zu rechnen ist #
| 56 Beiträge | ||
| Autor | Rain8er 8M., Berlin / Berlin | 788125 | ||
| Datum | 07.05.2014 16:29 MSG-Nr: [ 788125 ] | 14266 x gelesen | ||
Hallo zusammen, ich schreibe hier mal aus der persönlichen Sicht eines Entwicklers bei einem Automobilhersteller. Das nachfolgenden Infos habe ich in verschiedenen Unterlagen der verschiedenen Interessensgruppen zusammengetragen um unter anderen auch die Abstimmung bei uns im Haus voranzutreiben. Voranstellen möchte ich vorallem den Hinweis, das es auch für eine kleine freiwillige Feuerwehr keinen Grund zur Panik gibt und alle Erfahrungen und Regeln mit konventionellen Fahrzeugen weiterhin gelten. Was neu ist, das ist die "orange-farbene Ausstattung", an der durch die FA möglichst keine Manipulation erfolgen soll. Primäre Trennstelle HV-System: 1.: Der sogenannte "12V- Service Disconnect" ist eine gemeinsame Entwicklung der deutschen Automobilhersteller und dient primär dazu, die Schütze(Relais) in der HV-Batterie zwangsweise zu öffen. Im Rahmen der Abstimmung zwischen den Automobilherstellern zu diesem Stecker wurde auch die Farbgebung des Steckers vereinheitlicht. Allerdings zu einem Zeitpunkt, wo der i3 offensichtlich schon fertig entwickelt war. Mittelfristig wird der Stecker daher grün werden um auch explizit darauf hinzuweisen, das dieser Stecker keine Verbindung zu einem HV-Potential hat. Das Aussehen und die Handhabung wird sonst aber so bleiben, wie es BMW jetzt gerade in den Rettungsdatenblättern vorstellt. Der Stecker war ursprünglich für die Werkstatt vorgesehen und ist in Zusammenarbeit mit den Werks-Feuerwehren der Automobilhersteller auch als Rettungs-Trennstelle qualifiziert worden. Die Option, den samt Halterung einfach rauszureißen oder zu schneiden bleibt im Einsatz natürlich weiter, auch wenn damit der Schaden am Fahrzeug ganz klar erhöht wird. Grundsätzlich sind die Hersteller schon bestrebt, auch den Ort dieser Stecker habwegs zu vereinheitlichen. Bei BMW liegt er wohl meistens im Kofferraum in der Nähe der normalen 12V-Batterie. Bei VW-Audi, aber auch beim BMW i3 ist er im Motorraum vorm Fahrer. Bei Mercedes ist der im Kofferraum (und beim E-Smart ist noch ein anderer(älterer) Schalter im Sicherungskasten im Fahrerfußraum). Hier gibt es aber wohl auch noch ein wenig Abstimmungsbedarf für die Zukunft. 2. Schlaufen in irgendwelchen Deckeln wird es außerhalb etwaiger Prototypen nirgends geben. Leitungen im Automobilbau lassen sich auf diese Art nicht in einem Fahrzeug produzieren und bergen zudem hohe Qualitätsrisiken. Ebenso wird kein Automobilhersteller weiter bestrebt sein, eine Lösung wie im Ampera zu entwickeln. Hier handelt es sich um ein daumendickes Bündel an Leitungen, die zweimal geschnitten werden sollen. Das kann auch nicht im Sinne der Feuerwehr sein, wenn hier ein FA mehrere Minuten mit nem Seitenschneider an den Leitungen "knabbert". Die Alternative wären zwei Schnitte mit der Rettungsschere und für das Fahrzeug der wirtschaftliche Totalschaden. Da braucht man sich nix vormachen. 3. HV-Trenner, die erkennbar an der orangenen Farbe direkten Kontakt mit dem HV-System haben, dienen in der Regel nur Servicezwecken. Beim Trennen dieser Verbindungen sind z.B. Lichtbogenwirkungen und ähnliche Gefahren von elektrischen Anlagen nicht sicher auszuschließen. Häufig gehört zu diesen Trennvorrichtungen auch ein vorgeschriebener Serviceablauf mit Spezialwerkzeugen und einem angeschlossenem Diagnosesystem. Ebenso erfordert dessen Handhabung häufig spezielle Elektriker-PSA. Der Eingriff in orangene Leitungen, Stecker usw. sollte daher unbedingt vermieden werden, wenn nicht ein Rettungsdatenblatt explizit auf dessen Verwendung verweist. Wo es unvermeidbar ist, weil irgendwas orangenes im Weg ist, da muss halt eine Isolierende Abdeckung drüber und gut. Wo der Elektriker sein Werkzeug kauft, da bekommt man z.B. orangene Gummimatten als Meterware von der Rolle. Beispielanbieter 4. Neben der Trennung der HV-Schütze aus der Ferne durch den 12V-Service-Disconnect besteht meist noch eine alternative Strategie darin, die Versorgung der HV-Schütze aus dem normalen 12V-Bordnetz zu trennen. Das kann herstellerabhängig über das Ziehen einer Sicherung oder eines Relais erfolgen, teilweise wird aber auch das Trennen eines 12V-Steckers an der HV-Batterie erfordert. 5. Die Abschaltungen zielen alle auf die Schütze ab, die im Ausgang der HV-Batterie sitzen. Wenn diese Schütze selbst beschädigt wurden oder es sogar zu einer Beschädigung der Batterie selbst vor diesen Schützen gekommen ist, dann ist die Abschaltung möglicherweise wirkungslos. Daher, und das gilt so für jede andere Elektroanlage auch, sollten die orangenen Leitungen immer als unter Spannung stehend betrachtet werden. Eine Gefährdung resultiert aber nur aus der direkten Berührung beider HV-Potential. Das kann man aber mit den genannten Gummimatten gut verhindern. Zur späteren Bergung muss man sich dann Unterstützung dazuholen. Aufbau des HV-Systems: 1. Wie hier auch schon geschrieben wurde, die HV-Systeme sind vom restlichen Bordnetz isoliert(galvanisch getrennt). Von einer einpoligen Verbindung geht daher soweit erstmal keine Gefahr aus. Eine zusätzlich Verbindung des zweiten HV-Potenzials oder eine Verbindung der HV-Potenziale untereinander führt zu einem Kurzschluss im HV-System und zum Auslösen der Sicherung. Darüber hinaus sind alle metallischen Gehäuse mit der Karosserie verbunden. 2. Die HV-Systeme sind an der orangenen Einfärbung bzw. an den orangenen Leitungen und Steckern deutlich zu erkennen und haben darüber hinaus noch Warnlabels, die auf die Gefahren aufmerksam machen. Es gab zwar bei verschiedenen Herstellern auch Versuche, wo z.B. mit der Rettungsschere in "scharfe" HV-Leitungen geschnitten wurde, grundsätzlich sollte das natürlich vermieden werden. Darüber hinaus versuchen die Hersteller natürlich auch in Absprache mit ihren Werks-Feuerwehren mit den HV-Komponenten möglichst in Fahrzeugbereiche zu gehen, die eben gerade nicht von den üblichen technischen Maßnahmen beeinflusst werden. Die Wahrscheinlichkeit, ohne Rettungskarte einen Gasgenerator zu treffen oder eine nicht schneidbare Karosserieversteifung wird um einiges höher sein, als eine orangene Leitung. 3. Allen Systemen gemein ist, das bei der Auslösung des Airbagsysteme die HV-Schütze in den Batterien öffnen. Wenn also die Airbags draußen sind, dann gibt es normalerweise keinen Sicherheitsgewinn durch Deaktivieren des HV-Systems, da es bereits inaktiv ist. 4. Bei HV-Systemen, die primär dem Antrieb des Fahrzeuges dienen, ist eine Wandlung vom 12V-Bordnetz in Richtung HV-Bordnetz eher nicht Sinnvoll, da die "kleinen" 12V-Speicher gar keine relevante Energie-Kapazität haben um diese an das HV-System abzugeben. Allerdings kommen im Zusammenhang mit dem 48V-Bordnetz oder von Solarzellen trotzdem immer mal wieder solche Systeme in einzelne Fahrzeuge. Diese haben dann aber auch wieder entsprechende Schutzmaßnahmen. Von daher kann es für das Batteriemanagement durchaus relevant sein, unabhängig vom HV-System die 12V-Batterie angeschlossen zu behalten und "patientenschonende" elektrische Sitzverstellungen, Fensterheber oder Verdecköffnungen und ähnliches nutzbar zu behalten. 5. im Vergleich zu 4. wird umgekehrt jedoch die 12V-Batterie nach dem Startvorgang bzw. nach dem Zuschalten der HV-Batterie aus dem HV-Netz gestützt und geladen. Die 12V-Batterie dient dann lediglich als Pufferspeicher gegen Spannungseinbrüche im 12V-Bordnetz und könnte auch entnommen werden. Die Energie für das 12V-Bordnetz kommt aus dem Wandler und somit aus dem HV-Netz. Daher sollte zur Deaktivierung der Airbags und zur Verhinderung ungewollter Motorstarts immer der erste Griff Richtung Zündung gehen. Oder zum Ausschalter der Ladesäule. sonstige Gefahren: 1. Die eigentliche Gefahr von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben ist eher beim Antrieb zu suchen. Ähnlich wie schon bei den Start-Stop-Hybriden wird bei voller Betriebsbereitschaft sich kein Motor drehen bzw. kein Geräusch zu hören sein. Aber Zündung aus, Handbremse und der Blick in die Amaturentafel ist ja eh der Standard. 3. Die Lithium-Ionen Batterien enthalten viel Energie, die natürlich auch zu Lichtbögen, Erwärmung von Leitungen oder sonstigen Zündquellen führen kann. Wenn Zellen "Ausgasen", dann entsteht zudem viel Rauch. Dabei handelt es sich um Zerfallsprodukte der Zellchemikalien. Die Zellen und auch die Batteriegehäuse haben Berstöffnungen, aus denen diese Gase gezielt austreten können. Das scheppert zwar ganz ordentlich und die Gase sind auch heiß, hat aber mit ner Explosion nicht wirklich was zu tun. Wo es als nächstes "kuschlig warm" wird, das sieht man mit der Wärmebildkamera. 4. Beim "Zerfall" ensteht normalerweise innerhalb der Zellen Sauerstoff, der unmittelbar innerhalb der Zelle verbrannt wird. Daher wird sich eine brennende Zelle nicht löschen lassen. Mit viel Wasser sollten dann jedoch versucht werden, die anderen Zellen in der Batterie soweit runterzukühlen, das die nicht als nächstes brennen. Und man sollte im Hinblick an die Bergung und Einlagerung des Wracks daran denken. Wasserstoff dagegen oder metallisches Lithium wird man eher nicht vorfinden. Ob man einen Löschversuch mit Wasser unternimmt oder nicht, das sollte man daher nach der Menge des verfügbaren Wassers entscheiden. Sowohl die Ausbreitungsgeschwindigkeit als auch die Temperaturen sind beim Brand von E-Fahrzeugen deutlich entspannter im Vergleich zu Benzin. Und man sieht im Vorfeld mit der Wärmebildkamera, ob hier eine Gefahr droht. 5. Wie hier auch schon richtig beschrieben wurde, nutzen einige Hersteller in den HV-Steckverbindungen einen sogenannten Interlock. Dessen primäre Funktion ist es, zu verhindern, das ein HV-Steckverbinder unter Last getrennt wird. Es gibt Hersteller, die diese Funktion als Möglichkeit anbieten, um das HV-System durch FA zu deaktivieren. Es gibt aber auch genug Anwendungen, wo Steckverbindungen so eingebaut werden, das es gar nicht zur Trennung unter Last kommen kann oder wo Steckverbinder so sicher ausgeführt sind, das diese den Schutz nicht benötigen. Hier mal als Prospekt, mit dem BMW von der Technik überzeugen will. Bei den anderen Herstellern sieht das aber ähnlich aus, auch wenn die Informationen nicht so schön plakativ zusammengestellt sind: Rettungshandbuch i3
Geändert von Rainer M. [07.05.14 16:40] Grund: = nur für angemeldete User sichtbar = | ||||
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