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RubrikEinsatz zurück
Thema Stell dir vor die Feuerwehr hat Hunger aber keiner kommt    # 68 Beiträge
AutorMatt8hia8s O8., Waldems / Hessen797663
Datum28.10.2014 08:22      MSG-Nr: [ 797663 ]16264 x gelesen
Infos:
  • 12.02.15 Versorgung im Einsatz

  • Hallo Markus,

    wir sind ja hier ein Fachforum, deshalb haben vielleicht zumindest die anderen Mitleser hier einen Anspruch auf fachliche Antworten. Will ich gerne versuchen, also fangen wir mal ganz klein an:

    In den Führungsgrundsätzen der DV 100 heißt es, adressiert an das aufzubauende Führungssystem: "die Pflicht zur Fürsorge und zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit gegenüber den Einsatzkräften muss beachtet werden"

    Wenn man jetzt mal davon ausgeht, dass im Feuerwehreinsatz ein doch erhöhter Kalorienbedarf besteht, dann besteht je nach Tageszeit (Alarmierung um 17 Uhr, deshalb ggf. seit morgens/mittags nix gegessen) irgendwann die Notwendigkeit, das auszugleichen, damit man wieder einen voll verwendbaren Feuerwehrmann hat. Neben Essen und Trinken gehört dazu auch das einplanen von ausreichenden Pausen, Hygienemöglichkeiten und ggf. (je nach Wetter) auch Möglichkeiten sich aufzuwärmen.

    Schön ist, wenn nun jede Feuerwehr oder sonstige Einheit das für sich selbst grundlegend im Griff hat - vielleicht ein paar Dosen Erbesensuppe im Gerätehaus, nen guten Draht zum örtlichen Bäcker oder Metzger (sofern es den noch gibt) und jemanden, der das dann war macht und zur Einsatzstelle bringt, auch wenn vorne die Hölle los ist und alle am schaffen sind. Dazu noch ein Hygienebrett und vielleicht ein MTW oder gar ein Faltpavillion und ein paar Garnituren, damit die AGT sich mal aufwärmen und ggf. die nassen Klamotten wechseln können, dann ist alles prima.

    Weniger prima ist, wenn man das zwar alles hat, einem aber die Zeit und/oder die Leute fehlen, das im Einsatzfall umzusetzen. Da würde es sicher helfen, sich vorher darüber mal Gedanken gemacht zu haben. Vielleicht kann man die Alters- und Ehrenabteilung da einplanen oder sonstwen, und vielleicht kann man mit denen vorher mal da drüber sprechen. Einige haben da bestimmt sogar Spaß dran. Und ne große Sache ist das sicher nicht. Aber sicher besser, als wenn ich dazu im Einsatz eine ganze Gruppe verbrauchen muss die eine Stunde lang zum Einkaufen herum kurvt usw. Wenn man es dann schafft, dabei noch grundlegende Hygienestandards einzuhalten (vor dem Essen dreckige Kleidung ablegen können, Hände und Gesicht waschen, Abfall ordentlich entsorgen) dann ist immer noch alles super.

    Blöd wird das, wenn ich überörtliche Kräfte einsetze, die ggf. auch um 17 Uhr alarmiert werden und noch ne halbe Stunde An- und Abmarsch haben. Für die reichen meine Büchsen sicher nicht aus, und meine zwei drei Brötchenschmierer würden, bei vorhandenem Material, schon ganz schön schwitzen, der Pavillion zum kurz hinsetzen wäre etwas klein und überhaupt fehlten Sitzmöglichkeiten und der Platz, sich mal aufzuwärmen. Zudem müsste sich über all das auch noch irgendwer Gedanken machen - und dafür erstmal da ne Idee zu haben. Dafür gibt's dann eigentlich fast überall Einheiten, die das von Hause aus kennen, z.B. die Einsatzeinheiten des DRK/BRK oder, hier im Lande, die Betreuungszuges des Landes-Kats, die da einiges an (vom Steuerzahler bezahltem) Gerät und Know-How zur Verfügung haben.

    Jetzt kommt aber die Krux: Wenn ich mit mit diesem Thema und diesen Einheiten zum ersten mal dann beschäftige, wenn mir die Helfer schin seit ´Stunden auf die Nerven gehen, weil sie Hunger und Durst haben, und schon die ersten die Mutti auf dem Handy angerufen haben damit die Butterbrot zur Einsatzstelle bringt oder sich die Pizzalieferdienste an der Absperrgrenze stauen, dann ist es vielleicht zu spät, da noch Ordnung hinein zu bringen und vor allem, um mal auf den Führungsgrundsatz von oben zurück zu kommen, der Verantwortung des Einsatzleiters gerecht zu werden.

    Alarmierungen von organisierten Versorgungseinheiten oder auch das zubereiten eigener Einsatzverpflegung ist Zeitaufwändig. Die fremden Kräfte kommen in der Regel nicht mit "Sonderrechten" zu der Unterkunft und die ist auch in der Regel etwas weiter entfernt von der Wohnung. Und auch bei den eigenen Kräften brauchen 20 Liter Erbsensuppe (wenn's gut läuft grad mal 40 - 60 Portionen) halt ne Stunde zum warm werden. Dann müssen beide Sachen noch zur Einsatzstelle und die Kräfte müssen normalerweise rotierend augetauscht werden. Ggf. muss ich, um überhaupt an der Einsatzstelle versorgen zu können, Reserven einsetzen oder gar nachalarmieren.

    Also muss man rechtzeitig merken, wenn ein Einsatz so lange dauert, dass man verpflegen muss. Wenn ich dann grundlegend entscheide, die Kräfte nicht alle vorher abzulösen, dann muss ich abschätzen, wieviele Kräfte ich im Einsatz haben werden, zu dem Zeitpunkt, an dem die Verpflegung ausgegeben werden kann/soll, um ausreichende Mengen zu haben. Ich muss schauen, wo ich verpflegen kann (am besten nicht direkt in der Rauchwolke oder auf der Aufstellfläche der nachrückenden Kräfte) und wie ich das mit der Hygiene hin bekomme. Das bedeutet, ich muss diese Entscheidung schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt treffen - in Bayern ist das sogar im Feuerwehrgesetz geregelt und der Feuerwehrdienstleistende hat nach vier Stunden einen Anspruch, kostenlos verpflegt zu werden.

    Aber klar, im Einsatz ist noch kein Feuerwehrmann verhungert. Aber es gab sicher schon genügend, die deswegen gehörig gemeckert haben. Aber klar - kann man alles ignoriern. Sollen sie doch froh sein, dass sie überhaupt mitlöschen dürfen. Und dann noch rummädchen wegen essen, trocknen Klamotten und Getränken. Weicheier...

    Aber im Ernst - folgt man der maslowschen Bedürfnisstheorie, gehören Essen und trinken ziemlich weit unten an die Basis. Alles andere, auch das gute Gefühl, helfen zu können, stehen da viel weiter oben. Dem hungrigen, frierenden Feuerwehrmann in seinen nassen Klamotten wird aber das Dankeschön des Hausbesitzers, dass er die letzten Stunden so aufopferungsvoll gekämpft hat, am Ende weniger wert sein als ein dickes Fleischwurtsbrötchen. Nach dem Wurtsbrot sieht dass wieder anders aus, das sollte den Führungskräften klar sein - macht die Sache aber nicht besser.

    Fazit: Wer als Führungskraft konsequent die Existenz von grundlegenden Bedürfnissen seiner Mannschaft ignoriert der kann sich sicher bald neue Suchen und wird sich hinterher wohl fragen, wo die denn alle hin sind. Und wer solche Dinge in Zeiten knappen Personals und geringer werdender Selbsthilfefähigkeit der Dorfgemeinschaft (von Städten gar nicht erst zu reden) nicht in die Einsatzplanung einbezieht macht einen schweren Fehler, den er im Einsatz evtl. nicht korrigieren kann.

    In diesem Sinne: Einsatzverpflegung muss sehr wohl geplant werden, und das ist eigentlich keine große Sache, es braucht dazu vielleicht mal eine Halbe Stunde und ein Blatt Papier, vielleicht noch ein Gespräch mit einem aus einer Einheit, die sich damit auskennt. Oder mal ein Buch zum Thema lesen, da gibt's bald ein tolles neues ;-) Klar, am Ende, nach dem Wurstbrot ist immer alles gut und das Feuer sowieso aus. Aber nach dem Wurstbrot ist vor dem Wurstbrot!

    In diesem Sinne geh ich jetzt mal Frühstück holen.

    Ein Psychopath ist jemand, der gerade heraus gefunden hat was wirklich los ist...

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