Geschrieben von Sebastian K.... bisher gehabt, weil man den Kohleausstieg bislang nichtmal ansatzweise so verfolgt, wie man es beim Atomausstieg gemacht hat.
Ja sicher, aber das wird vorläufig auch so bleiben. Genau deshalb ist auf absehbare Zeit ein Erdgas-LKW umweltfreundlicher als ein Elektro-LKW (in Deutschland).
Es wird deshalb so bleiben, weil
1)
bei unveränderter Politik die Vergütungsansprüche der Erzeuger von erneuerbarer Energie bis ungefähr 2023 noch etwas ansteigen, dann ab 2025 abfallen.
2)
die Offshore-Windenergie erst ab ca. 2025, mit der nächsten Generation von >10 MW-Kraftwerken so billig wird wie die Braunkohle.
3)
der Ersatz der Atomkraftwerke durch erneuerbare Energien nach Fukushima mit 70 bis 80% eine komfortable Mehrheit einschließlich der Bereitschaft genoß, mehr für den Strom zu zahlen. Auch heute noch gibt es eine satte Mehrheit für diese Politik. Der Ersatz der Kohle hat zwar heute ebenfalls eine Mehrheit, aber eine deutlich wackeligere, und 35 bis 40% wollen dafür nicht zahlen.
4)
Deutschland insgesamt reich und ein Hochlohnland ist, im Bereich der Zuarbeit, Service, Transport, Logistik, Hilfstätigkeiten aber ein Billiglohnland, in dem weniger verdient wird als in den 70er Jahren (West, Ostler mal weglesen...). Es gibt viele Millionen, die sich bedroht sehen, zum Untermenschen zu werden. (Ein einziger Besuch im Jobcenter reicht für das Wissen, ab jetzt Untermensch zu sein, und jenen, die gefährdet sind, derlei tun zu müssen, ist das klar.)
Die Kosten des Atomausstiegs sind bereits überproportional von den Ärmsten getragen worden, es gibt dort keine Bereitschaft zu weiteren Opfern, und es gibt auf Seiten der Bundesregierung keinerlei Bereitschaft, die Einkommensverhältnisse der 70er Jahre (West) anzustreben. Also bleibt nur, die unterzeichneten internationalen Verträge zu brechen, und genau das steht ja auch im Koalitionsvertrag: Daß man so verfahren wird.
Also brauchst Du Dir keine Sorgen machen, daß es bis ca. 2025 zur Abschaltung von Kohlekraftwerken in größerem Maßstab kommen wird. Einige wenige wird man rausnehmen, sobald sie ausschließlich für den Export produzieren und damit die völlig unterdimensionierten Nord-Süd-Verbindungen belasten.
Geschrieben von Sebastian K.Wir reden aber über die zukünftige Entwicklung, und da wächst der gesellschaftliche/politische Druck, oder es fehlt schlicht die Kohle (zum Verbrennen, oder um weitere Kohle zum Verbrennen zu kaufen, die Kinder in Kolumbiens Kohlebergwerken wollen ja auch ein kleines Taschengeld).
Mit Kolumbien hat das nur am Rande zu tun. Der wichtigste Lieferant unserer Kohle ist mit großem Abstand Rußland, der zweitwichtigste die USA. Die Kinder Kolumbiens haben das Problem, daß man im Powder River Basin die Kohle mit den größeren Schäufelchen bewegt, und sie dann auch noch deutlich rentabler transportiert.
An Kohle fehlt es überhaupt nicht, nur wird es so sein, daß die meiste im Untergrund verbleiben muß, wenn wir nicht kreidezeitliche Verhältnisse für unsere Nachkommen anstreben. (In der Kreidezeit lag der CO2-Gehalt der Atmosphäre beim dreifachen Wert des heutigen, es gab keine Polkappen, die norddeutsche Tiefebene war Flachmeer wie die heutige Nordsee, die deutsche Meeresküste lag in der Nähe von Kassel. Gut, man muß hinzufügen, daß die Gestalt der Kontinente auch noch eine andere war.)
Aber selbst wenn es irgendwann zu einer anderen Politik kommen sollte, hast Du immer noch kein Produktionsproblem. In Deutschland stehen 30 GW Gaskraftwerke herum, die pro Jahr nicht einmal vier Monate tätig sind im Schnitt. Die in deutschen Kraftwerken verbrannte Steinkohle kann fast komplett ab morgen ersetzt werden, fingerschnipps. Man muß nur im Bundestag beschließen, daß ein Mindestsockel für den CO2-Preis eingeführt wird, so, wie man das in Großbritannien gemacht hat. Fingerschnipps, Steinkohle überwiegend weg, nach wie vor kein Produktionsproblem. Allerdings höhere Strompreise, und deshalb wird man das erst in der zweiten Hälfte der 20er Jahre tun.
Geschrieben von Sebastian K.Also sind aus deinen Zahlen irgendwann nochmal 240 TWh aufzufangen. Das entsprechende Wachstum bei den erneuerbaren sehe ich derzeit noch nicht.
Ich auch nicht. In Nord- und Ostsee sind hinreichend Flächen ausgewiesen dafür, aber man wird den größten Teil davon erst bebauen, wenn die Stromgestehungspreise auf das Niveau Braunkohle gesunken sind. Außerdem darf man dann die Biomassekraftwerke nicht mehr als Grundlastkraftwerke betreiben wie heute, sondern man muß sie als Spitzenlastkraftwerke zum Ausgleich der Windschwankungen an's Netz bringen. Das kann man aber erst, wenn die Förderung mit ihren Verträgen ausgelaufen ist. Und man braucht die zweite Generation von Biomassekraftwerken, die aus Kurzumtriebsplantagen befeuert wird (die erste Generation Biomassekraftwerk ist technisch/wirtschaftlich/umweltpolitisch ziemlicher Unfug). Man wird Speicherkugeln vor der norwegischen Küste versenken müssen, weil unser Problem in erster Linie ein Speicherproblem ist. Dieses Speicherproblem kann man entschärfen, mit E-Autos, mit stromgeführten Blockheizkraftwerken, die einen großen Wärmespeicher haben, und und und ... aber am Ende braucht man Speicher. Oder Windkraftwerke auch im östlichen Mittelmeer samt den notwendigen Stromleitungen, aber wir können derzeit ja noch nicht einmal Leitungen nach Bayern verlegen, weil eine dortige Regierungspartei sich aus wahltaktischen Gründen zum Horst macht.
Geschrieben von Sebastian K.Klar hats bei Atom geklappt, aber der Atomausstieg alleine war doch noch lange keine Energiewende, er war maximal der kleine Anfang.
Der kleine Anfang hatte eine riesengroße Mehrheit hinter sich! Das ist in einer Demokratie eine ungemein praktische Sache, so eine riesengroße Mehrheit! Einen beschleunigten Kohleausstieg hingegen wird man nur durchführen können, wenn es die Bereitschaft gibt, das ärmste Bevölkerungsdrittel (oder irgendwas in der Gegend) von der Finanzierung auszunehmen. Wir haben nun einmal (nicht nur, aber vor allem) unter Schröder/Fischer eine derart massive Umverteilung von arm zu reich erlebt, daß keine Reserven für irgendein anderes Vorgehen mehr vorhanden sind, sofern wir nicht das erleben wollen, was man so schön "gesellschaftliche Verwerfungen" nennt. Ich sehe aber nirgends die Bereitschaft, den Kohleausstieg nur von denen bezahlen zu lassen, die das auch können. Also solltest Du besser davon ausgehen, daß er vor 2025 nicht ernsthaft beginnt. Weil man ihn dann deutlich billiger haben kann.
Ciao
Hans-Joachim
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Geändert von Hans-Joachim Z. [30.03.18 22:54] Grund: = nur für angemeldete User sichtbar = |