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Klaus Bethge, Isernhagen

Bürgerkrieg02.04.09 16:49
BÜRGERKRIEG
Mir geht es sehr schlecht, ich zittere am ganzen Körper, elend und Übelkeit, aber noch keine Schweißausbrüche. Erster Gedanke ist: Jetzt hast du dir wieder eine Malaria eingefangen.

Malaria, die Geißel Afrikas, ich kenne sie schon. Trotz einer guten Profilaxe haben meine Frau und ich daran gelitten und wissen, was das bedeutet.
Nur die Gliederschmerzen fehlen noch, dann wäre ich sicher.

Auf der Wache, in der Bevölkerung, rumort es, die Menschen sind verzweifelt, die Inflationsrate ist ungeheuer und die Bevölkerung weiß nicht mehr, wie sie satt werden soll.

Ein Sack Mais, das Grundnahrungsmittel, verschlingt jetzt fast einen Monatslohn eines Feuerwehrmannes, der so etwa 100 Euro verdient.
Zum Vergleich: alle Waren wie zum Beispiel Schuhe und Kleider, die aus Südafrika eingeführt werden, kosten so in etwa das Gleiche wie in Deutschland.

Das kann sich einfach keiner noch leisten. Auch auf mich werden schon neidische Blicke geworfen, leichtsinnigerweise habe ich einmal, - und dann NIE wieder! erzählt, was ich verdiene.

Es herrscht Hungersnot, wieder einmal, die politische Lage ist sehr instabil und die damaligen G 5 Länder, die Länder, die in der Welt die Wirtschaft bestimmen, haben beschlossen, Malawi die wirtschaftliche Hilfe zu versagen, bis es „zur Demokratie findet!“

Malawi ist zu dieser Zeit, Mai 1992, ein Ein-Parteien-Staat unter der Führung des alten Präsidenten „Kamuzo“ Hastings Banda, der sein Land mit eiserner Faust regiert, aber unbestritten versucht, Ordnung und Sicherheit und andere Tugenden aufrecht zu halten.

Er gehört keineswegs zu den üblen Patronen, die nur an sich dachten, seine Leistungen auf zum Beispiel dem Gesundheitssektor, der Befreiung der Frauen und dem Bildungswesen werden anerkannt, aber: Es gibt keine politische Freiheit.

Angeblich sollen Oppositionelle auf sehr geheimnisvolle Weise um das Leben gekommen sein. Selbst unbestritten segensreiche Dinge wie die Anweisung, dass jeder Familienvater einen eigenen Garten haben und diesen auch bestellen muss werden ihm als Bevormundung angelastet, obschon da durch so manche Familie überhaupt erst überleben kann.

Neben ihm fungiert als Beraterin die State Hostess „Mama“ Kadzamira, eine Frau von ungeheurem Charisma, sowie ihr Onkel John Tembo, der auch heute noch einen mehr als üblen Ruf genießt. Nach meiner Kenntnis ist er es, gegen den sich der Haupthass richtete. Ihm traute man schon zu, Gegner an die Krokodile verfüttert zu haben.

Die im Exil lebenden Gewerkschaftler sind zum Teil heimlich zurück gekehrt und werden verhaftet.

Nun ist es mit der Demokratie in Afrika so eine Sache und bevor wir da werten, sollten wir uns besser erinnern, wie schwere Zeiten wir erleben mussten, bevor wir demokratische Spielregeln gelernt haben, und auch daran zweifele ich heute noch immer und immer wieder.

Die natürliche Gesellschaftsform des Afrikaners ist auch heute noch der Stamm und der an der Spitze stehende „Chief“, der Häuptling, der keineswegs der Herr über Leben und Tod ist. Auch er unterliegt sehr strengen Spielregeln, die sein Handeln bestimmen.

Demokratie in unserem Sinne ist etwas Fremdes, etwas Widernatürliches für die Afrikaner und die Welt täte besser daran, diese Regeln zu respektieren, statt ein notleidendes Volk noch tiefer in das Elend zu treiben, nur weil sie den fremden „way of life“ nicht wollen..

Auch viele Organisationen haben da Probleme, „Brot für die Welt“ hat das immer respektiert und dadurch gute Erfolge erzielt, die „Ärzte ohne Grenzen“ haben einen sehr guten Ruf in Afrika, während z.b. das amerikanische „Peace Corps“ mit seinen Umerziehungsversuchen in Richtung Coca Cola Konsum sehr viel Schaden angerichtet hat.

Ich habe mich immer gehütet, Diskussionen über Menschenrechtsverletzungen anzufangen, das war nicht meine Aufgabe, dazu war ich nicht hier!

Das ist die Lage dieses Morgens, von der ich auch nur in groben Zügen weiß.

Eine komplette Information ist sehr schwer zu bekommen, wer zuviel fragt, der riskiert, dass er umgehend in ein Flugzeug, egal, wohin es ging, gesetzt wird.

Meine Übelkeit wird unerträglich, ich bitte einen Kollegen, mich wieder in das Hotel zu fahren. Um hier einmal vorzugreifen, ich habe mir keine Malaria, aber eine Hepatitis A eingefangen. Dieses allerdings wird erst in Deutschland, sehr viel später, durch den Dienstsarzt der Feuerwehr festgestellt.

Auf der Straße traue ich meinen Augen nicht, plötzlich Menschenmassen, die wilde Parolen brüllen und die Fahrbahn mit Holz und Fahrzeugen sperren. Sie kommen auf uns zu, die Situation ist mehr als bedrohlich Ich habe jetzt echte Angst! Was wird mit mir, wo ist meine Frau, die heute in einer der Buschkliniken arbeiten soll? Ich bin schlicht verzweifelt!

Der Kollege fährt langsam auf das nächste Hindernis zu und diskutiert mit den Kontrahenten, die aber seltsamerweise recht freundlich reagieren, letztlich das Hindernis zur Seite räumen und die bereits erhobenen Steine sinken lassen.
„Was hast du denen denn erzählt?“ „Ich habe gesagt, dass du ein Weißer bist, der mit der Sache nichts zu tun hat und hier bist, um uns zu helfen!“ Na bitte, offensichtlich keine Berufsrevolutionäre, obschon die ganze Sache so perfekt ist, dass es kaum spontan geschehen kann.

Im Hotel höre ich: Generalstreik, die Kellner und Köche haben erst einmal die Arbeit niedergelegt. Warum, das wissen sie selber nicht so genau, aber Streik muss sein.

Der Kollege fährt zurück - und bekommt auf der Heimfahrt einen Pflasterstein in die Scheibe.

Ich kann nicht mehr, ich lege mich in das Bett, meine Edith ist da, HURRA!, die Schwestern sind nicht losgefahren und können sie wohl gerade noch unter ähnlichen Umständen wieder in das Hotel bringen.
Bitte einen Tee, der kommt und verlässt mich umgehend wieder, ich liege unter der Decke und zittere wie Espenlaub.

Wie lange ich geschlafen habe, ich weiß es nicht, jedenfalls werde ich sehr unsanft hochgerüttelt: „Klaus, KLAUS, draußen wird geschossen...“ „Du spinnst doch!“ „DOCH, hör mal“, und sie reißt das Fenster auf und fängt sofort fürchterlich an zu weinen, Schwaden von Tränengas ziehen am Fenster vorbei.
Aber leider kann auch ich es jetzt hören, ein Geräusch, welches ich nur zu gut kenne: Automatische Waffen, die ganze Salven abfeuern.
Na Mahlzeit, was nun?

In diesen Ländern ist es üblich, dass die Botschaften sogenannte Sammelpunkte einrichten, in der Regel Privathäuser von Diplomaten oder, wie in unserem Falle, dort wohnenden Landsleuten, wo sich die Bedrohten dann versammeln, um notfalls evakuiert werden zu können.

Nur, ich kenne diesen Versammlungsort nicht. (Es ist das Haus eines Herrn von Ribbeck, jener aus der Ballade mit den Birnen im Havelland).
Letztlich greife ich zum Telephon und rufe den in Lilongwe residierenden Deutschen Botschafter an, 340 km weit ab von unserer Stadt.
„Herr B. bei Ihnen kann doch gar nichts los sein!“ „Sekunde bitte Herr Botschafter (richtig gewesen wäre Exzellenz), horchen sie mal!“, halte den Hörer aus dem Fenster (und kriege eine volle Ladung Tränengas ab)..
„Himmel, bei IHNEN AUCH?? Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden...“

Er gibt noch Verhaltensregeln, aber mit dem „auf dem Laufenden halten“, das ist eine gefährliche Sache, denn die Telephonleitungen werden vom Nachrichtendienst überwacht.
Er beruhigt mich, die hätten jetzt andere Sorgen..

Mir geht es nach wie vor schlecht, aber meine Sorge gilt auch der Feuerwehr, was machen die Kollegen jetzt? Egal wie, ich muss wieder hin!

Meine liebe Edith schüttelt nur noch den Kopf, im Nachherein: Sie hat ja recht, aber ich bin nicht zu halten, steige in die Uniform und gehe los.

Schon 50 Meter vom Hotel steht der erste Bewaffnete, ich sehe unter dem Kampfanzug die blaue Uniform der Polizei.

Er mich sehen und die Waffe an sich ziehen war eines, aber er guckt nicht einmal unfreundlich, eher neugierig, was da für ein Exote, ein Weißer in Uniform, auf ihn zukommt.

WAS ich nicht wissen kann: Bei solchen Dingen kursieren naturgemäß die wildesten Gerüchte und eines ist: Südafrika hätte Söldner in das Land geschickt. Da bin ich ja nun gerade richtig.

„Sir, kann ich Ihnen helfen?“ „Ja bitte, ich bin Feuerwehroffizier und möchte zu meinen Leuten!“ „Warten Sie hier, da kommt in zehn Minuten eine Patrouille vorbei!“

Hierzu muss man folgendes wissen: Den Tag zuvor hat es bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der Armee und den bewaffneten „Jungen Pionieren“ gegeben, mit der Folge von 20 Toten und der Entwaffnung der JP.

Diese aber haben keineswegs aufgegeben, sie sind teilweise mit ihren Waffen im Busch verschwunden und später als Räuberbanden übel in Erscheinung getreten.

Auf jeden Fall hat die Armee sich in die Kasernen zurückgezogen, um nicht nach dieser Malaise als Bürgerkriegspartei in Erscheinung zu treten.

Die bewaffneten Kräfte, die jetzt in den Straßen zu sehen sind, waren Männer der „Mobile Task Force“, der bewaffneten Polizei, praktisch die Prätorianer des Präsidenten. Sie stehen keineswegs im Ruf, besonders nachsichtig zu sein.

Ich stehe ein paar Minuten und unterhalte mich auch sehr freundlich mit dem Schutzmann, der sich inzwischen überzeugt hat, dass ich ihn nicht an das Leben will, als ein LKW mit etwa 50 Bewaffneten um die Ecke biegt, uns sieht und sofort hält.

Der Einheitsführer springt raus und hält mir sofort die Pistole auf den Bauch: „Wer sind Sie?“ Ich erkläre es, teile ihm meine Bitte um eine Eskorte zur Wache mit und: „Sir, könnten Sie bitte die Pistole weghalten?“ „Oh, da bin ich sehr vorsichtig mit!“ Na, hoffen wir es!

Ich will hinten auf den LKW, nein, bitte nach vorne zu mir, auch gut..
Wir unterhalten uns sehr nett, und das war das, was mich am meisten gewundert hat: die Stimmung der Polizei war relativ gelassen. Die Menschen leben dort mit Schicksalsschlägen, außerdem ist neben einigen negativen Eigenschaften gerade die Sanftmut der Malawis bekannt in Afrika. Das diese ihre Grenzen hat, das habe ich noch erlebt.

Der Offizier schreibt sich noch meine Details auf, wir fahren vor der Wache vor und er begleitet mich hinein. RIESENGEJOHLE, „Bwana Klaus Sir, gut, dass du da bist..“, der Offizier zieht hochbefriedigt ab. Ich habe das Gefühl, es wäre ihm unangenehm gewesen, wenn er wirklich einen Bösen hätte gefangen, das bringt nur Schreiberei und Ärger.

„So, Leute, wer ist hier der Offizier?“ Wieder nur ein Oberbrandmeister. „Wo ist John?“ „Nach Hause gegangen!“ „Francis? (damals Stellvertretender Chef, ich werde erst Jahre später in diese Position befördert und gelte hier als „associated Officer“, in etwa „außerplanmäßig“) „Nach Hause!“

Gilbert, der Chef, ist schon tagelang krank, der würde sich hier sowieso nicht sehen lassen, ich bin ziemlich krank und stehe auf der Matte, ich bin stocke sauer!

Dass die Offiziere ALLE türmen und ihre Leute alleine lassen, das ist etwas, für das ich kein Verständnis finden kann.

„OK, was haben wir bis jetzt?“ Eine Ladenzeile brennt in Ndirande, vom Präsidenten einst als das „Soweto Malawis“ bezeichnet. Ein übles Viertel.
„Können wir da hin?“ „Nein, da sollen Kämpfe sein!“ „Und wenn wir die Polizei um Geleitschutz bitten??“ „Das könnte klappen!“

Ein Anruf bei der dortigen Polizeistation bringt die Bestätigung: „Kommt bloß her, das sind insgesamt drei zusammenhängende Gebäude!“ „Habt ihr eine Eskorte?“ „Alles da!“

Also losgefahren, ran an die Polizeistation, da stehen sie schon, sechs Mann mit Karabinern, die sich zu uns in das Fahrzeug klemmen, uns auf den Knien sitzen.

An der Einsatzstelle sehe ich es: Ein schöner Vollbrand, davor eine johlende Menge, die versucht, aus dem Feuer zu stehlen, was irgendwie tragbar war, und dann geht es los!

Die ersten Steine kommen geflogen, die Polizei raus aus dem Fahrzeug und auf die Knie, durchgeladen und erst mal eine Salve über die Menge.

Irgendwo her knallen ebenfalls Schüsse, wir gehen alle voll in Deckung. Die Polizei fackelt nicht lange, einer der Randalierer liegt gleich auf dem Boden, einen Polizistenstiefel im Genick, und er ist klug genug, sich nicht zu rühren.

Wir gehen erst einmal mit einem Rohr das Feuer an, ein Bungalow-Gebäude mit drei Läden, von denen zwei voll brennen, beim Dritten das Dach gerade anfängt.

Wenn ich mich nur besser fühlen würde, ich übergebe mich erst einmal wieder, das war fast schon Routine.

Das Wasser ist alle, Hydranten gibt es hier oben nicht, und ich schicke das Fahrzeug zurück, Wasser aufnehmen.

Hier mache ich einen Fehler, den ich heute nur mit meinem Zustand erklären kann: Ich schicke das Fahrzeug ohne Polizeischutz los!

Die kommen und kommen nicht wieder, kein Funk eingeschaltet, nach einer halben Stunde rufe ich das zweite TLF zur Einsatzstelle, denn das Feuer ist wieder voll aufgeflammt..

Ich werde unruhig, immer unruhiger, die Polizei, die inzwischen mit einem Pickup an der Einsatzstelle als Verstärkung eingetroffen ist fährt mit mir los, das Fahrzeug ist nicht aufzufinden.

Die Jungs vom zweiten Fahrzeug haben inzwischen den Angriff wieder aufgenommen und schaffen es auch, das Feuer einzugrenzen. Inzwischen hat die Polizei festgestellt, dass die „Revolutionäre“ auch versucht hatten, die gegenüberliegende Tankstelle anzustecken, aber ohne Erfolg!

Ich bin von meiner Suchfahrt zurück, das erste Fahrzeug immer noch abgängig, Himmel gib, dass denen nichts passiert ist, das könnte ich nicht erklären!

Nach 45 Minuten kommen sie an, strahlend und fröhlich wie immer, die haben keinen Hydranten gefunden, ist doch klar oder?? (Die meisten bekannten Hydranten können sie wegen der Unruhen nicht anfahren) Ich werde noch mal wahnsinnig.

Nach Mitternacht ist das Feuer aus, wir bekommen von der Polizei die Nachricht, dass eine nächtliche Ausgangssperre verhängt wurde und jetzt auf
sich herumtreibendes Gesindel gezielt geschossen werde, ohne Anruf und Warnung (Was sie aber doch getan haben! Man konnte bei dieser Mobile Task Force doch bemerken, dass es sich um echte Profis handelte, deren Offiziere zum Teil sowohl in Deutschland als auch in England ausgebildet waren!)

Wir fahren zurück, bei mir geht es nicht mehr, ich werde mit dem TLF zum Hotel gefahren, wenn was ist: HOLT MICH! Machen wir!

Im Hotel werde ich von allen Seiten bestürmt, wie sieht es draußen aus? Soweit ich es in der Dunkelheit sehen konnte: wie nach einem Bombenangriff!

Dieser Eindruck bestätigt sich am nächsten Tag im Tageslicht, da ist nicht mehr eine Schaufensterscheibe heil.

Die Deutsche Welle sowie der BBC –Overseas Service- melden ca. 30 Tote, eine Zahl, die viel zu niedrig war!

Ich unterhalte mich den Nachmittag mit einer südafrikanischen Ärztin, welche die Nacht im OP des Krankenhauses verbracht hatte und alleine von 265! Schussverletzungen spricht.

Die meisten Toten hat es übrigens nicht durch Schüsse gegeben, das sind sogar nur sehr wenige, die meisten sterben bei dem Versuch, Eigentum zu „resozialisieren“. Das geht so: Malawi A hat einen Fernseher gestohlen, den Malawi B aber haben will. A sagt nein, B klärt die Sache mit einer Keule oder dem Pangamesser, hier bekannt als das Buschmesser.

Zusätzlich werden in dem Durcheinander natürlich auch alte Rechnungen beglichen, die als „politisch“ in der Statistik erscheinen, es aber mit Sicherheit nicht sind.

Ich will den Morgen wieder los, werde aber von einem recht unfreundlichen Polizeioffizier gestoppt. Der weiß schon Bescheid, die Meldung des Eskorte-Offiziers hat offensichtlich den Geheimdienst hochgeschreckt und man wollte wohl keinen toten Weißen irgendwo herumliegen haben.

So in diese Richtung gehen dann zwei Tage später die Kommentare des Chefs, der nach Ende der drei Tage dauernden Krawalle plötzlich gesundet wieder in der Wache erscheint und glaubt, mich anschnauzen zu müssen.

Er hat mich da auf dem absolut falschem Fuß erwischst, - ich erklärte ihm was ich von Offizieren halte, die bei so einer kritischen Lage desertieren (Dass ich hinzufügte: Noch vor wenigen Jahren wäret ihr in Deutschland dafür erschossen worden war sicher überflüssig aber menschlich nachzuvollziehen!). Ja, er wäre doch krank gewesen. SO krank, dass er nicht zumindest im Büro hätte sein können? Ich kann es glauben oder auch lassen..

Und die Anderen?? “Ja, die kriegen Ärger mit mir!“ Die Schuld liegt immer bei den Anderen. Auf jeden Fall ist unser Verhältnis stark getrübt, ich hätte nicht so deutlich werden sollen, aber mir passt es einfach nicht, dass ich meinen Kopf hinhalte und dann noch wie ein dummer Junge abgekanzelt werden soll und ihm passt es nicht, dass ich ihnen gezeigt habe, wie man so etwas macht, wenn man wirklich Feuerwehrmann ist.

Aber zurück zu diesem zweiten Tag, raus können wir nicht, da wären wir vermutlich nicht weit gekommen, also sitzen alle Gäste am Schwimmbecken.

Der Hotelservice läuft auf Notbetrieb. Die Leute streiken immer noch, obschon sie wissen, dass sie dafür rausfliegen können, auf jeden Fall aber kein Geld bekommen.

Aber wir können es auch so ertragen, bis es mit einem Male ein paar Mal in der Luft pfeift! Gewehrkugeln, die durch den Garten zwitschern.

Blitzartig sind wir wieder im Gebäude. Das sind gar keine gezielten Schüsse, die uns gelten, das geht auch nicht, da das Hotel leicht erhöht liegt und von einer ca. 2,5 Meter hohen Mauer umschlossen ist, das sind reine Zufallsschüsse, die nichts desto trotz sehr tödlich hätten sein können.


So langsam beruhigt sich die Sache, die Polizei hat hart durchgegriffen und nach drei Tagen und zwei Nächten die Ordnung mit eiserner Hand wieder hergestellt.

Wir gehen das erste Mal raus, schauen erst einmal um jede Ecke, gehen am Abend wieder in den Club, aber dieses Mal nur den langen Weg über die Hauptstraße, wo die Polizei an allen Eingängen präsent ist, und wir fahren noch einen Tag später durch die Parallelstadt Limbe. Ich mag es nicht glauben, wie es Leuten gelingen kann, innerhalb weniger Stunden solche Verwüstungen anzurichten.

Was ist nun rausgekommen bei dieser „Revolution“? Nun, erst mal eine generelle Gehaltserhöhung, die den Namen nicht verdient, da die Inflation nur etwas schneller wurde und dann sicherlich die Einsicht, dass man sich mit dem Gedanken an Wahlen vertraut machen muss- und auf der Gegenseite der Verlust von Investoren, die Malawi an sich immer als eines der besseren afrikanischen Länder angesehen haben und nun gar nicht mehr wissen, was sie machen sollen.

Die Probleme Malawis potenzieren sich durch die Probleme Südafrikas, Malawi ist wirtschaftlich abhängig und wenn in Südafrika irgend etwas ähnliches passiert, dann ist Malawi endgültig am Abgrund.

Malawi hat ein weiteres, fast unlösbares Problem: Es hat eine lange, gemeinsame Grenze mit Mosambik, und dort tobt seit Jahren der Bürgerkrieg. (Ich habe sie gesehen, die FRELIMO, an dem Straßenrand, nach Kampfhandlungen!)

Die Grenze ist nichts weiter als ein Straßengraben, die Menschen links und rechts dieser Grenze gehören den gleichen Stämmen an, kurz: Auf malawischer Seite, Kilometer um Kilometer, reihen sich Hütten der Mosambikaner, die über die Grenze geflüchtet sind und jetzt 50 Meter außerhalb ihres Heimatlandes auf malawischen Grund lebten.

Wie oft habe ich in Malawi geflucht und gewettert, aber in dieser Sache haben sie meinen höchsten Respekt: Selber nicht wissend, wie sie ihre Leute satt kriegen haben sie in dem Mittelteil des Landes dreimal mehr Flüchtlinge zu versorgen als eigene Leute und sie haben es lange lange alleine schaffen müssen, bevor die UN , dieser traurige Bürokratenverein, endlich eingreift und die UNHCR (United Nation High Comissioner of Refugees/Hochkommissar für Flüchtlingsfragen) dann helfend tätig wird.

Mag ich die UN nicht, so gilt das nicht für ihre Leute, die vor Ort arbeiten, die oftmals bis zur Selbstaufgabe versuchten, zu helfen.

Es ist das alte Problem: Wenn eine Hilfe mit politischem Wohlverhalten verbunden wird, so ist sie keine.

Der Afrikaner kennt seine Probleme sehr genau, und er reagiert ausgesprochen unfreundlich, wenn man versucht, ihn zu bevormunden. Diese Gratwanderung zwischen dem „MUSS“, gewisse Dinge zu ändern und trotzdem die Kultur, das Denken der Leute zu respektieren ist oftmals eine fast unlösbare Aufgabe.

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