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Blog von

Klaus Bethge, Isernhagen

Senegal02.04.09 21:39
SENEGAL

“Achtung, das Feuerwehrnetz, hier ruft 6W8FZ, der Claude aus der Nähe Dakar“.

Pause erst einmal, ich rücke den Kopfhörer zurecht, drehe die Antenne in Richtung Süden, auch die amerikanischen Funkfreunde, die mit mir im Gespräch waren, halten schlagartig Funkstille.

„Hallo 6W8FZ, hier ist der KB8YK, ebenfalls Claude, in Ohio, willkommen im Netz, wir hören dich mit Romeo Sierra 59 (Maßstab für die Qualität der Funkaussendung) leg mal los..“

Ich sitze bei meiner Lieblingsbeschäftigung, dem Amateurfunk und bin im Gespräch mit den funkenden Feuerwehrfreunden aus aller Welt, als uns dieser Ruf erreicht, in englischer Sprache natürlich. „Roger KB8YK und die anderen, ich habe mal eine Frage...“

Claude aus dem Senegal ist der Manager eines großen Ferienzentrums, Funkamateur wie wir und durch Zufall auf unsere Runde im sogenannten Zehn Meter Band gestoßen. Sein Problem: Gerade zwei Tage zuvor war ihm ein Gebäude seiner Segelschule abgebrannt und zum ersten Male war ihm bewusst geworden, auf welchem Pulverfass er saß. Es gab keinen, der nur die geringste Ahnung vom Brandschutz hatte, die Geräte waren ein alter in Auflösung begriffener VW-Bully mit ein paar Schläuchen und Äxten, keine Pumpe, aber eine Ringleitung mit Überflurhydranten..

„Leute, wisst ihr jemanden, der hier mal herkommen und uns mal ein bisschen unter die Arme greifen kann?“ „Brake brake the net, DL8OL für 6W8FZ!“

„Klaus, go ahead!“ Das war natürlich wieder unser Freund aus Ohio, der die „Rote Mütze“ aufhatte.

„OK, hier DL8OL, Claude, Name Klaus in der Nähe von Hannover.. Kann sein, dass ich das hinkriege, ich spreche Französisch!“ „UFB! (Jargon für „Große Klasse“)

Im Verlauf des Gespräches kommen so langsam einige weiteren Details zum Vorschein, die Dinge, die ich später in Afrika so oft gesehen habe.

Dieses Urlaubszentrum liegt genau am Indischen Ozean, etwa 150 km südlich der Hauptstadt Dakar. Die nächste mittelgroße Stadt ist M‘bor mit ca. 10.000 Einwohnern und hat natürlich keine Feuerwehr..

„OK Claude, ich bespreche das mal, sehe zu, dass ich Urlaub bekomme und dann melde ich mich wieder bei dir!“ „Gut, aber es eilt!“ Immer diese Hatz! „Klar, machen wir!“

Das Ganze ist ja ein bisschen frech. Erst einmal muss ich die Ehefrau überzeugen, dass ich meinen diesjährigen Jahresurlaub irgendwo in Afrika ohne sie verbringen wollte. Wir haben kleine Kinder, sie ist gebunden, und dann muss ich die Kollegen überzeugen, dass ich meinen Sommerurlaub mitten im Winter haben möchte

Das war nun etwas schwieriger. Wir hatten sogenannte Urlaubsdekaden, wo genau festgelegt wurde, wie viel Leute wann in den Urlaub können, damit die Einsatzstärke gewahrt blieb. Urlaub außer Reihe ist nicht möglich, es blieb nur der Tausch und da sah ich offengestanden ein wenig bange in die Zukunft..

Hier muss ich sagen, dass das wunderbar klappte, vielleicht auch durch die Aussicht, dass der entsprechende Kollege zweimal im Sommer in Urlaub gehen konnte (Meinen und seinen!)

Ein kleiner Missklang kommt auf, als ein Kollege auf den tauschwilligen Mann zu stürzte, ihn förmlich an dem Kragen riss und brüllte: “DEM gibst DU nicht den Urlaub, DEM gibst DU nicht den Urlaub, der hat neulich auch nicht mit mir getauscht!“ „Hau ab du Spinner, wenn ich sagte, ich helfe Klaus, dann helfe ich Klaus!“

Na, das nenne ich einen Mann von Wort, über den andren sei der Vorhang des Vergessens gesenkt. Der Neid, der verfluchte Neid!
So, das war klar, aber jetzt bekam ich ein leicht flaues Gefühl im Magen, denn ich habe ja großartig verkündigt, dass ich Französisch sprechen würde, was auch stimmt. Nur, es taugt eben mehr dazu, mir Kartoffeln und Bohnen im Restaurant zu bestellen, als einen Unterricht zu gestalten..

Wie ist das noch? Der Mensch wächst mit den Aufgaben, aber was kann ich tun? Anruf bei meinem Freund Bernard, der als Offizier bei den französischen Wasserbombern dient, „ Bernard, höre mal, ich habe da ein Problem...“ Pause, einiges an Einwänden erwartete ich ja, aber das dann erfolgte Gelächter tat mir nun in der Seele weh.

So genau muss er mir nicht klar machen, was er von meiner Absicht hält!
Aber zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er mir verspricht, blitzartig ein Ausbildungsbuch der französischen Feuerwehren zuzuschicken.

Nach meiner heutigen Erfahrungen ist der Blitz der Mittelmeerregion offensichtlich etwas langsam als unser nordischer, auf jeden Fall kommt nach Aussage meiner lieben Frau das Buch gerade an, als ich bereits auf dem Flughafen stand..
Die Zeit, sie rennt, sie rennt..

Es hilft nichts, ich muss mir selber irgendwie ein paar Fachvokabeln erarbeiten, ein Arbeitskonzept, so etwa an die Grundausbildung einer Freiwilligen Feuerwehr angelehnt habe ich bereits fertig, wo bleibt das verdammte Buch??

Jetzt wird es eng, also greife ich mir mein Lexikon..
„Strahlrohr“ ist natürlich nicht aufgeführt, es wäre ja auch zu einfach. Aber ich habe den Strahl (Wasser) gleich „Jet“ gefunden und das Rohr gibt es auch, steht unter „Tube“.. na bitte, den ersten Fachbegriff hätten wir, das war dann eben „tube à jet“ Ich bin doch der Größte..

Später haben mich meine Eleven etwas verwirrt angeschaut, was ist denn das für ein „Pidgin-Französisch ?“. „Rien compris!“ (Begreife gar nichts!) Seufz seufz, Also halte ich das Ding in die Höhe, ein Strahlen ging über die Gesichter, dann ein schallendes Gelächter (und das können sie so herrlich!) „Ach, die Wasserlanze!“

Mein lieber Funkfreund Claude schaut mich etwas traurig an, sein Traum, dass die Ausbildung ohne seine Hilfe (er hatte als Manager etwas anderes zu tun, als doch noch zu dolmetschen) laufen könne, ist jetzt endgültig ausgeträumt..

Aber soweit bin ich noch nicht, noch war ich ja nicht einmal in Afrika!.
Der Flug ist an sich schon eine Klasse, alles junge Leute, voller Vorfreude auf den Urlaub..

Die Stewardessen haben es lange aufgegeben, ein wenig Ordnung in die Horde zu bringen. Sie setzen sich hin und sehen zu, wie wir der Einfachheit halber die Weinflaschen gleich aus Pappbechern leer machen..

Dakar, ich steige aus dem Flugzeug und glaube, mir schlägt jemand eine Faust in den Magen, diese Hitze ist ein glatter Schock!

„Hallo Leute, ich bin die Inez, ich soll euch abholen!“ Das finde ich ja nett, Inez sowieso, die 150 vor uns liegenden Kilometer weniger, aber was soll es, der Bus ist modern und bequem. Die Bande wurde immer verrückter, aber Inez meistert das souverän.

Endlich Ankunft, alles drängt sich in der Empfangshalle, vom Gelände ist nichts zu erkennen, denn inzwischen ist es tiefschwarze afrikanische Nacht. Ich weiß vom Katalog, dass das Camp aus einem Hotel, einer Disko und einem großen Speiseraum, Läden aller Art, einer Karawanserei und dann vielen sogenannten „Rundalow’s“ besteht, Unterkünfte, die den Rundhütten der Afrikaner nach empfunden sind.

Nach und nach leert sich die Halle, die Gäste werden durch einheimische Bedienstete zu ihren Hütten geführt, nur ich stehe immer einsamer am Tresen und schaue etwas verwirrt..

„Verzeihung, ist Monsieur H. nicht da?“ „Nein, der schläft schon lange, aber WER bist DU denn eigentlich??“ „Na, der Feuerwehrmann, der kommen soll, habe ich keinen Schlafplatz?“ Die Angst, dass ich aus irgend einem Grunde (AFRIKA!) gar nicht angekündigt sei drückt nun leicht störend auf mein Gemüt!
„Ach , DU BIST DAS, Mensch sag doch mal was!“ Wo sie recht hatten, da hatten sie Recht..

„Wie komme ich denn jetzt zu meiner Hütte??“
„Hütte?? Du hast doch die Präsidentensuite!“
Präsidentensuite?? Na klar, hätte ich doch wissen müssen!

Dazu folgendes: Ab und an kommt der Präsident als Gast in das Camp, um ein paar Tage Urlaub zu machen, und für ihn gibt es tatsächlich eine Suite vom Feinsten!

Nun ist das Hotel voll ausgebucht, alle Welt will offensichtlich dem kalten Winter entfliehen, also steckt man mich kurzerhand in die Suite..
Dieses allerdings hat auch gewaltige Nachteile, denn einen Abend Ruhe gibt es nicht für mich.

Jeden Abend ist Party angesagt, aber das weiß ich meistens mittags noch nicht.

Ich erfahre es aber spätestens, wenn irgend jemand mit einer Tüte voll Getränken ankommt und kategorisch den Schlüssel verlangt, er müsse den Krempel mal eben in den Kühlschrank bringen.

Einmal führt das auch zu einem etwas wenig netten Streich: Einer der Gäste ist ein ganz Lieber, aber nicht übermäßig mit geistigen Gaben gesegnet.
Er wohnt in einer der Hütten, hört „Kühlschrank“ und fragt ganz verwundert, wieso wir einen Kühlschrank hätten und er nicht??

Bevor ich das aufklären kann haben ihn schon einer der Anderen aufgeheizt: „Keine Kühlschrank?? GIBT ES DOCH GAR NICHT, da musst du dich aber beschweren!“, was er auch prompt macht..

Die Armen an der Rezeption haben eine gewisse Zeit gebraucht, um zu begreifen, wie er darauf kommt.

Dieses aber ist bereits alles vorgegriffen, peu à peu, wie man hier sagt, oder aber, wie auf der anderen Seite des Kontinents POLE POLE. (ruhig, ruhig!)

Das ist eines der ersten Erfahrungen, die ich hier sammeln muss: Ich bin voller Tatendrang. Die Zeit, die ich zur Verfügung habe, ist sehr eingeschränkt und jeder, der schon mal junge und unbedarfte Aspiranten in die Geheimnisse der Brandbekämpfung eingeführt hat, wird wissen, dass man da leicht ungeduldig werden kann. Das aber ist ein fataler Fehler in Afrika, mein Hauptfehler.

Ich bin Profi, ich weiß um die Bandbreite dieser Technik, aber es geht nicht, allen jedes und alles in dieser Zeitspanne beizubringen.

Auch hier habe ich vorgegriffen: Ich habe das Glück, dass einer der Gäste ein begeisterter Freiwilliger Feuerwehrmann ist.

Er sieht sich staunend die ganze Schau an, lädt mich zu einem Bier ein und rückt mich erst einmal grade: „Ruhig Klaus, nimm Gas weg..“ und:
„Klaus, wenn du willst, ich helfe dir!“ Und ob ich will, für gute Ratschläge bin ich immer offen.

Es ist ja so, dass ich zwar Praktiker bin, aber nie zuvor als Ausbilder fungiert habe..

„Los Dicker (schon wieder, ich bin höchstens voll schlank und außerdem, was kann ich dafür, das Andere zu faul sind, mal ordentlich zu essen!), lass uns mal eine schöne Explosion machen!“ „????“

„Besorg mir mal ein bisschen Diesel, denen zeigen wir mal, was eine Fettexplosion ist!“

Donnerwetter, der Mann ist Klasse, natürlich, das ist es, praxisnah, Fettexplosion, Küche, Friteuse, das hat was.. Ein aufgeschnittenes Fass, voll von Diesel, darf ordentlich brennen, (bei DEM Rauchpilz haben wir im Nu eine große Zahl von „Bewunderern“) und dann wird mit Wasser drauf gehalten. Der Erfolg ist im Sinne des Wortes „umwerfend!“

Aber bevor es so weit ist, da marschiere ich am nächsten Morgen in das Büro vom Claude, jeder schaut den Anderen neugierig an, man will ja wissen, mit wem man nun gesprochen hat.

„Also, erst einmal, du hast zwei Gruppen, einmal Equipe Technique (die Leute der Werkstätten) und dann die Leute vom Service, aber leider immer nur teilweise, die müssen ja ihren Dienst machen..“ Na gut, nicht optimal, aber was soll ich machen..

„Erstes Treffen heute Nachmittag!“ Klar doch, dann addios.. Nööö, so nicht, sag mal, gibt es bei dir kein Bier??
Doch, hol dir was aus der Frigidaire (Kühlschrank, auch daran musste ich mich gewöhnen)

„Und dann möchte ich, dass du mit unserem Chef Techniker hier durch gehst und mal prüfst, ob die Feuerlöscher richtig platziert sind..“

Habe ich heimlich von ausreichender Zeit (der Fairness halber, die habe ich!) am Strand und in der Umgebung geträumt, so merke ich: Hier war Arbeit angesagt, aber dafür bin ich ja hier.

Die Brandschau nehme ich sehr ernst, denn ich bin immer schon der Meinung: Vorbeugen ist besser als löschen!

Am Nachmittag schauen mich ca. 30 große weiße und sehr neugierige Augenpaare in schwarzen Gesichtern an, freundlich und offen. Guter Wille ist offensichtlich vorhanden und das ist die halbe Miete..

„OK Leute, reden wir nicht lange herum, ich sehe gerade, dass Eure Küche (gleich neben an) brennt, der Koch liegt am Boden, macht was. Dass das nicht besonders phantasievoll war, weiß ich, aber es war sehr beeindruckend..

Die laufen los, jeder rennt den anderen in Grund und Boden und dann, - der arme Kerl.

Ich muss ihn retten, muss erst einmal ein donnerndes „HALT“ rufen. Jedenfalls weiß ich jetzt, was auf mich zukam..

Ich habe dann gaaaaanz langsam angefangen, habe die Theorie weitgehend über Bord geschmissen, und wo ich sie unbedingt brauche, da hat mich dann so ein Superschlauer auch noch wild gemacht..

Mir hängt immer ein Mann an den Hacken, kein Feuerwehrmann, der z.B. laut los mosert, als ich anfüge: Brennt ein Gebäude, so muss ich erst einmal einen Rauchabzug schaffen (die berühmten 15 % , Zollstock raus und messen, des aufgenommenen Daches)..

„Unmöglich, da strömt doch der Sauerstoff rein, absolut dösig..“ Frage: Wer kennt solche Mitmenschen?? Vielleicht sogar von einer Einsatzstelle her??
Ich könnte sie....

Es läuft erstaunlich gut, wobei naturgemäß die Techniker wesentlich schneller begreifen als die Köche und die Kellner. Die habe ich zwar auch geschult, aber doch mehr als zweite Reserve genommen
.
Natürlich kommt es zu Situationen, wo einem gestandenen Feuerwehrmann die Haare zu Berge stehen. Ich simuliere einen Dachstuhlbrand und gebe sogar Wetterlage, sprich: Windrichtung vor - und sehe, wie meine Lieben fröhlich oben auf dem Dach herum turnen, während der Gruppenführer der zweiten Gruppe kurzerhand die Leiter entführt. Er braucht sie seiner Meinung nach an anderer Stelle.

Es gibt keinen Grund, jetzt zu lachen. Das wäre in jeder deutschen Feuerwehr unter gleichen Umständen auch passiert..

Ob es allerdings passiert wäre, dass ich meine Mannen in der Disco gefunden habe, Rohr auf dem Boden, eine Cola in der Hand, das weiß ich nicht.. Die Disco „brennt“ in hellen Flammen, die Bar daneben ist gefährdet, also arbeiten zwei Gruppen nebeneinander - und die Bar habe ich gerade kontrolliert. Mein Fehler, die Erklärung der Leute, pausemachenderweise, ist einleuchtend wie unwiderlegbar: „ Feuer aus!“ Wer jetzt anfängt zu krampfen hat verloren!

Man muss in Afrika, und das war eine immer wiederkehrende Erfahrung, einfach davon ausgehen, dass man sehr sehr viel mehr Zeit braucht, den Leuten etwas beizubringen, als bei uns in Europa.

Alleine die Erklärung schwierigerer technischer Vorgänge ist fast unmöglich, - es fehlen simpel die Grundlagen.

Hier folgt der Versuch einer Erklärung: In unseren Breiten haben unsere Kinder in der Regel mit fünf/sechs Jahren ihr eigenes Fahrrad und lernen so spielerisch, mit Schraubendreher und – schlüssel umzugehen, wenn sie die Kette nachspannen oder den Schlauch flicken müssen. Brennt das Licht nicht, so wird es repariert, so lernen sie die Grundlagen Elektrizität.

In Afrika ist das Grundwerkzeug die Grabhacke und das Buschmesser.
Sie sind erstaunlich begabt, hervorragend in der Improvisation, nur man muss es ihnen Stück für Stück zeigen.

Ich habe da mal ein Schlüsselerlebnis, das allerdings in Malawi, als ich sehe, wie ein paar Handwerker ein Loch in einen Eisenträger bohren sollen. Sie stemmten sich mit zwei Mann mit aller Kraft gegen die Bohrmaschine, der Bohrer glüht bereits kirschrot. Als ich ihnen die Maschine kurzerhand aus der Hand nehme, den Bohrer erst einmal abkühle und dann das Gerät auf Rechtslauf schalte geht es ruck-zuck, was meinen Ruf als intelligenter Mann erheblich festigte.

Dabei ist der Senegal eines der besseren Ländern, die Franzosen haben sehr früh begonnen, doch eine gewisse Oberschicht mit einer entsprechenden Bildung heran zu ziehen. Was aber bleibt ist die Tatsache, dass bei Abzug der Kolonialmächte in allen Kolonien im Mittel nur ca. 5 % der Einheimischen wirklich lesen und schreiben konnten.

Habe ich vor, die Grundlagen des Feuers, Sauerstoff, brennbares Material, Zündtemperatur, Mischungsverhältnis und Katalysator anzuführen, so habe ich das sehr schnell zu den Akten gelegt und mich, auch mit Hilfe des zuvor angeführten Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr, auf lebensnahe Dinge beschränkt.

Ganz wichtig, und das merke ich sehr schnell: Wenn man die Afrikaner packen will, dann muss es Spaß machen und auch den Ehrgeiz wecken. Eine unbequeme oder unwillkommene Pflicht ist deren Sache nicht. Auf jeden Fall hilft immer lachen lachen lachen!

Ich erwähnte es: Die Ausrüstung ist mehr als mangelhaft, mit anderen Worten, man kann sie vergessen.

Alle Löschangriffe erfolgen grundsätzlich von einem Kasten mit einer Art Überflurhydrant, der auf einer Plastikringleitung mit Druck: na ja! stand, zusätzlich integriert eine C-Schlauchlänge mit französischem Strahlrohr. Was habe ich die Dinger gehasst!

Wir haben zusätzlich eine wunderschöne Wasserversorgung, nur aus irgend einem mir nicht nachvollziehbaren Grund ist der Claude der Meinung, dass die nur im Ernstfall und nicht zum Üben da sei.

Wen stört so etwas, wir haben daran geübt und da habe ich auch dann vernünftigen Wasserdruck, der allerdings auch so manchen Schlauch „gekillt“ hat.

Hätten wir eine Pumpe gehabt, wir hätten die ideale Wasserentnahmestelle gefunden, das Schwimmbad. Doch es hat nicht sollen sein.

Ich bekomme die Aufgabe, (Geld war vorhanden!), die Ausrüstung einer Löschgruppe nach deutschem Muster zu bestellen bzw., soweit vorhanden, im Lande zu kaufen, und hier habe ich erst einmal einen meiner berühmten Wutanfälle bekommen.

Unter Anderem habe ich eine sehr bekannte deutsche Firma per Fernschreiber angeschrieben, sehr genau mitgeteilt, wer das wissen will, und um Angebote im Wert von ca. 100.000.-DM gebeten.

Die Franzosen, ebenfalls angeschrieben, antworten innerhalb von zwei Tagen, die Deutschen erst, nachdem ich sie persönlich anrufe und ihnen klipp und klar sagte, ich würde in Hannover einen Zeitungsbericht schreiben.
Wenn ich etwas hasse, dann ist es Untüchtigkeit!

Als es dann klar war, dass die Geräte kommen würden, dabei auch Atemschutz, da habe ich dann die Ausbildung auf das Üben des Innenangriffes erweitert, auf „Gasflasche im Feuer“, da die gesamte Wärme zum Kochen aus riesigen Flüssiggasbehältern bezogen wurde.

Der Cheftechniker und ich bekommen den Auftrag, nach Dakar zu fahren und sich da einmal umzusehen, was so an Pumpen und Gerät im Lande auf dem Markt ist. Wir finden zum Beispiel eine recht brauchbare Tragkraftspritze mit einer Leistung von 500 Liter/Minute, etwas, was absolut ausreichend ist. Das Entscheidende für meine Absicht, diese Pumpe zu kaufen ist der Reparaturservice vor Ort. Was hilft mir eine deutsche TS 8/8, wenn es keine Werkstatt gibt, die sie einmal ad hoc reparieren kann??

Da der Techniker noch andere Aufgaben zu erledigen hatte, die mich nicht betrafen gibt er mich auf meine Bitte hin bei der Berufsfeuerwehr ab - und hier habe ich das Riesenglück, geradewegs auf eine allumfassende Demonstration für eine Delegation aus Gambia zuzukommen.

Ich werde kurz dem Amtsleiter, einem Oberst der Fallschirmjäger, vorgestellt, bekomme einen Kollegen an die Seite und darf mir nun ein Bild aus erster Hand machen.

Auch hier erlebe ich etwas ganz typisches für die ärmlichen Verhältnisse, die sich nicht nur in der Technik, sondern eben auch in der Ausbildung niederschlagen:

Wir kommen auf eine Gruppe junger Kollegen zu, welche die Wiederbelebung nach Ertrinken übten. So richtig die alte Armdruckmethode nach Silvester. Der Kollege sieht wohl an meinem Gesicht, dass ich da nicht so ganz „d’accord“ bin.

Er fragt mich nach dem „warum“ und ich erzähle ihm, dass wir bei unserer Wehr alles Rettungssanitäter (heute: Rettungsassistenten) wären und da sehr viel mit zu tun haben.

„Ja, dann zeige es uns doch mal, wie man es richtig macht!“

Das war ja nicht FALSCH, was die machen, ganz im Gegenteil, es ist gut, aber ich merke, dass sie auf dem Ausbildungsstand stehen, denen ihnen die französischen Kollegen bei ihrem Abzug hinterlassen haben. Sie haben einfach keine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen, kein Geld, um ihre Leute in das Ausland zu schicken.

Demonstrieren, hier ziere ich mich sehr aus zwei Gründen: Die Herz-Lungen-Wiederbelebung, wenn sie falsch geübt wird, kann sehr großen Schaden anrichten und das kann man einfach nicht mal so eben nebenher lehren, und dann will und will ich nicht als Angeber dar stehen, der kommt und gleich zeigt, wie schlau man woanders ist. Es ist schlicht nicht meine Absicht, hier aufzutrumpfen.

Ich erkläre das auch, aber alle, die nun um uns herumstanden meinen sehr lebhaft, dass davon gar keine Rede sein könne. Plötzlich befinde ich mich auf den Knien an einem Opfer und erzähle im Schnelldurchgang, wie man so etwas macht und empfehle, sich da auf jeden Fall beim Roten Kreuz, so die es denn selber konnten, oder im Krankenhaus schlau zu machen.

Die anderen Übungen aber, da habe ich nun wieder das Staunen gelernt.
Im Senegal war damals, wie es heute ist, weiß ich leider nicht, die Feuerwehr Militär, alles sehr junge, sehr sportliche Männer mit einer zum Teil recht guten Ausrüstung, wenn ich da an andere afrikanische Länder denke.

Frankreich hat sich auch nach seinem Rückzug immer bemüht, für die „Gloire Francaise“ französischen Standard in seinen ehemaligen Kolonien zu erhalten. Dass das auch sehr handfeste ökonomische Gründe hat, liegt auf der Hand.

Eine Hakenleiterübung hat mich tief beeindruckt: Hier wird die Leiter (unsere sind wesentlich besser als die französischen!) so hoch eingehängt, dass der Mann am unteren Ende regelrecht heranspringen muss!

Jetzt hängt er an der Leiter, mit den Füßen etwa einen halben Meter über dem Boden und ein weiterer Kollege klettert ÜBER IHN WEG nach oben.
So etwas habe ich nie zuvor und nie wieder gesehen.

Die Brandschutzübungen sind wie überall auf der Welt, wobei als Besonderheit zu sagen ist, dass die Franzosen den Trupp aus drei Mann bilden, zwei Trupps plus Gruppenführer bilden dann die Gruppe.

Später erzähle ich meinem Freund Mamadou von meinem Besuch in Dakar und er fragt nur, ob ich auch auf der „Sklaveninsel“ gewesen sei? „Nein, keine Zeit gehabt!“ „Sonntag hast du Zeit!“

Ile de Gorée, der westlichste Punkt Afrikas, ist die Schande der (nicht nur, aber auch) Weißen und ist bis heute nicht vergeben.

Ile de Gorée, die Insel Gorée war der westliche Sklavenhafen, hier wurden Hunderttausende auf die Schiffe gepfercht und dann in die Neue Welt verfrachtet. Es waren fast alle seefahrenden Länder, die Sklaven gekauft haben, angefangen von den Portugiesen über die Araber, Engländer, Franzosen usw.

Wir nicht? Oh doch, es gibt heute noch eine traditionsreiche deutsche Reederei, die im Hafen von Dakar sehr ungern gesehen wird, weil sie durch die Verschiffung von Sklaven gutes Geld verdient hat.

Die Geschichte des Kunta Kinthe z.B. (das weltbekannte Buch plus der Fernseh-Mehrteiler „ROOTS“ („Wurzeln“) ist eine wahre Geschichte, die vor über 150 Jahren etwa 100 km von Dakar entfernt beginnt. Dort sitzt heute noch die Großmutter vor der (authentischen) Hütte und erzählt die traurige Geschichte, wie die Sklavenjäger in ihr Dorf kamen. Tatsache, Tourismus à la Afrika!

Die meisten Sklaven wurden, und das wird keineswegs verschwiegen, nicht einmal bei Überfällen erbeutet, sondern von den Häuptlingen gegen billigen Tand verkauft.

Ihr Schicksal auf den Schiffen war entsetzlich, aber diese Geschichten wurden so oft erzählt, dass ich mir das hier sparen kann.

Nicht aber aussparen kann ich die Lebensumstände, unter denen sie auf der Insel lebten, bis denn wieder einmal ein Sklavenschiff vorbei kam.

Untaugliche wurden gleich ausgesondert und durch die „porte non retour“, das Tor ohne Wiederkehr, geführt und dort kurzerhand in das Wasser gekippt, wo sie von den Haien „entsorgt“ wurden.

Ich bin zynisch?? Nein, ich berichte nur Fakten!

Weiter: das Hauptgebäude ist eine Art Palast, in der die Sklavenhändler, überwiegend Araber, wohnten.

Vor dem Haus führt eine Doppeltreppe zu einer Balustrade, auf der die Händler und die Käufer standen, um die Parade abzunehmen. Hier wurde die „Fracht“ dann begutachtet und der Preis festgelegt.

Unter dem Haus aber befinden sich einmal die Sammelkäfige, aber auch kleine Einzelzellen, in dem ein Mensch nur hockend oder liegend verbleiben kann.

Das waren keineswegs Strafzellen, Strafe wurde entweder durch den Tod oder durch die Peitsche vollzogen, diese Zellen dienten der Fütterung!

Natürlich waren die Sklavenhändler daran interessiert, gut genährte und kräftige Menschen als Ware anzubieten. War ein Mann zu sehr abgemagert, dann wurde er bis zur Ankunft des Schiffes dort eingesperrt und gut genährt. Bewegungsmangel plus fettes Essen ist heute ein Zivilisationsschaden, damals diente es dem höheren Gewinn!.

Wir alle fuhren weniger laut in die Stadt zurück, als wir gekommen waren.

Leider habe ich mich da mit einem der typischen deutschen (und das ist leider wirklich typisch!) Touristen fürchterlich angelegt.

Der Afrikaner ist ungeheuer sprachgewandt, es kann einem ohne weiteres passieren, dass man von einem der vielen Strandhändler im schönsten schwäbisch angeredet wird. Sie alle verstehen, so sie denn irgendwie mit Tourismus zu tun haben, die europäischen Hauptsprachen. Man sollte sich also etwas zurückhalten.

Jener Mann, dessen Name aus dem Buch der Geschichte entfernt sein möge, regt sich lauthals darüber auf, wie unendlich dreckig das alles sei und wie rückständig.

Die Mitreisenden jedenfalls haben sehr lauthals Beifall bekundet, als ich ihm erklärte, dass ich, so ich einmal der Bundeskanzler sein werde, als erstes seinen Reisepass einziehen würde, um der Welt Typen wie ihn zu ersparen.
Warum, oh Hermes, Gott der Kaufleute und der Reisenden verschonst du die Länder nicht von solchen Menschen??

Das aber habe ich auch im Camp mehr als einmal erleben, wo dümmliche Gäste die Kellner offensichtlich mit Sklaven verwechseln.

Mein Umgang mit den Senegalesen ist sehr freundlich und ich bin auch ganz offensichtlich sehr bald akzeptiert. Sie sind sehr empfindlich, leiden noch sehr unter der Arroganz so mancher kolonialen „Bwanas“ und merken sehr genau, wer es wirklich gut mit ihnen meint.

Mein Schlüsselerlebnis habe ich bei meiner Abfahrt, als mein Freund Mamadou, ein Fremdenführer des Clubs, mich zur Seite nimmt und sagt: “Klaus, du bist einer von uns!“ Ich bedanke mich artig, wie man das bei einer Höflichkeit tut, aber er sagt nur: „Hör zu, ich meine es so!“

Mamadou, das ist eine Type, ich komme auf ihn noch gesondert zurück!
Nur so viel: Er hatte einen großen Kummer, er ist nur 1,98 Meter groß und die fehlenden 2 cm am Zwei-Meter Maß haben ihn echt gekränkt!

Bei manchen Dingen allerdings, da weiß ich nun wirklich nicht mehr, ob ich lachen oder weinen sollte.

Natürlich gibt es eine Sanitätsstation für die kleinen Leiden, und da ist der unumschränkte Herrscher mein Spezi Baiti, Krankenpfleger, aber was für einer! Er und der Docteur, diese Beiden haben bleibende Erinnerungen bei mir hinterlassen.

Zu der Zeit laichen kleine, etwa handtellergroße Rochen im Wasser ganz dicht unter Strand und die Biester haben einen hässlichen Schwanz mit einem noch hässlicheren, sprich giftigen Stachel..

Die Gäste sind gewarnt, rennt nicht einfach in das Wasser, wenn es geht, zieht Badeschuhe an, ansonsten langsam rein gehen, damit die Tiere Gelegenheit haben, zu fliehen. Was natürlich, Tag für Tag, vergessen wird, dann humpelt wieder so ein Unvorsichtiger in Richtung Erste Hilfe Station (meistens kann er das nicht einmal, er muss oftmals auf Händen getragen werden, die Wunden waren wirklich sehr böse!), wo bereits Baiti, die Rache der geschundenen Natur, auf ihn wartet..

Ich habe mir die Schau mal angesehen, es war herrlich (Merke: Auch ich bin Anhänger einer gewissen Schadenfreude!)

Jeder der Verletzten bezieht erst einmal eine Kombispritze gegen das Gift und gegen Infektionen, und das geht so: Eine sehr wehleidige Dame, jung und verwöhnt, so ein Typ: „Boy komm!“, humpelt heran und ist, ihrem Gesichtsausdruck nach, zum Sterben bereit. Zugegeben, die Schmerzen sollen wirklich enorm sein, ich weiß es nicht!

Bitte hinsetzen, die Spritze wird aufgezogen und fertig. Na, denke ich noch, muss sie jetzt die Hosen runter lassen??

Mit einem Mal, ich denke ich träume, ich glaub es einfach nicht, mag es nicht fassen, haut der Baiti ihr eine auf den Popo, die springt in die Höhe, schreit - und mein Baiti sticht mit der Spritze zu, genau so wie seine Altvorderen dem Löwen den Assegai in den Leib rammten.

Der schreiende Abgang der Lady ist wirklich beeindruckend, mir schwummert es vor den Augen.

Ich überdenke meinen Alkoholkonsum des vorherigen Abends, nein, das kann es nicht gewesen sein, Baiti, sag mal , bist du verrückt geworden??

Mit Unschuldsmiene erklärt er mir, dass das so in Ordnung sei, wenn sie hoch springt, dann sei sie so herrlich entspannt.
DA muss man drauf kommen!

Medizin in Afrika: Wie jeder Neuling in Afrika war auch ich ein Ignorant, der einfach nicht begreifen kann, dass die Menschen seit Tausenden von Jahren ihre eigenen Heilungsmethoden, Methoden, die heute von der Pharmaindustrie kopiert werden, haben.

Im Lager grassiert ein Virus, das Toilettenpapier wird knapp, ich bin sauer, nicht nur, dass ich einfach nicht in der Lage bin, praktischen Dienst, weit entfernt einer Toilette, zu verrichten. Ausgerechnet diesen Abend gibt es gegen Aufpreis Hummeressen und zum ersten Male in meinem Leben habe ich mir einen Hummer bestellt.

Das reißt nun ein gewaltiges Loch in meine Kasse, aber ich will mir doch auch mal etwas Besonderes leisten. Albern?? Liebe Leser(innen) , wenn das Geld immer nur knapp ist, dann ist das nicht so ohne Kummer zu verschmerzen, schon gar nicht, wenn man sich eben darauf gefreut hat.

Wie auch immer, meine Leute grinsten, dass man nur noch ihre herrlichen weißen Zähne sieht, aber dann: „Heute Abend isst du deinen Hummer!“ Sie meinen es ja lieb, aber in meinem Zustand?

Einer der Leute kommt mit einer Frucht des Baobab-Baumes an, die sieht aus wie eine Kokosnuss mit der Oberfläche einer Klette. Alles Widerhaken. Er schlägt sie mit dem Buschmesser auf, drinnen ist eine Art von Fruchtfleisch, welches wie Steropur aussieht und süß-sauer schmeckt, rührt sie in einen Becher Wasser (Ich hoffe nur, dass diese Art von Yoghurt auch desinfiziert, so ganz traue ich dem Becher nicht, aber viel schlimmer kann es nicht kommen) und erteilt den kategorischen Befehl: „Austrinken!“.

Also runter mit dem Zeug, den Rest wird gefuttert (dieses Fruchtfleisch ist die Süßigkeit der afrikanischen Kinder), und ich schwöre es, eine Stunde später geht es mir wesentlich besser. Am Abend habe ich nicht einen Hummer gegessen, nein, sondern gleich zwei! Einer der Gäste, der immer noch leidet, schenkte mir den seinen!

Malaria, auf dieses Thema komme ich in einem anderen Kapitel extra zurück, diese Geißel Afrikas wird bei den Einheimischen heute noch erfolgreich mit einem Sud aus einer Baumrinde behandelt. Ob aber die alte Methode, Igelhaut in Alkohol und dann auf das Gesicht gestrichen, wirklich automatisch Sympathien bei Anderen (speziell dem anderen Teil der Menschheit) hervorruft, das allerdings weiß ich nicht!

Dass ich mitunter zu Dingen und Abenteuern neige, denen sich ein halbwegs normaler Mensch nicht aussetzen würde braucht man mir nun wirklich nicht zu erklären.

Mamadou (er mag mich wirklich!) lädt mich ein, einfach mal mit auf eine Jeep-Safari zum Geburtshaus des Präsidenten zu kommen. Wir fahren auf einer wirklich guten Teerstraße, und mitten drauf liegt eine riesige zusammengerollte Puffotter!

Diese Schlangen lieben die Sonne und heiße Steine und das Tier hatte sich ausgerechnet eben diese Straße ausgesucht. Der Fahrer überrollt sie, was wir alle als Gemeinheit betrachten.

Auch hier: Vorsicht mit vorschnellen Urteilen, Afrikaner und Schlangen sind natürliche Todfeinde. Eine Schlange schlägt man tot oder man läuft, egal, um was es sich handelt!

Wie auch immer, die Schlange ist offensichtlich tot, HAAALT, jeder will sie betrachten und wer ist immer vorn, wenn es gilt, Dummheiten zu machen, na wer schon?? Ich hin - und fasse den Kopf an, um mir die Giftzähne zu betrachten!

Wahnsinn, Leichtsinn unglaublicher! Das Biest lebt noch, wenn auch gelähmt. Es kam wie ein Blitz mit dem Kopf herum, hier bin ich um den Bruchteil einer Sekunde schneller und kann die Hand gerade noch wegreißen!

Hat jemand schon mal einen Afrikaner blass gesehen? Geht nicht? Doch, die werden aschgrau, und dann ging es los!

Ich muss sagen, noch heute rechne ich es dem Mamadou hoch an, dass er mich in französisch anbrüllt! Es muss ja nicht sein, dass meine lieben Landsleute mitbekommen, was ich da alles zu hören bekomme!

Als er sich so einigermaßen beruhigt hat fragte ich ganz vorsichtig an, was er denn getan hätte, wenn das Tier mich erwischt hätte. „Mit Karacho in das nächste Dorf und hoffen, dass da ein Medizinmann ist!“.

Es ist wirklich nicht mein Tag, jedenfalls fange ich an zu lachen. Das hätte ich lieber sein gelassen, denn nun waren wir fast am Ende unserer Freundschaft!

Ich erfahre diesen Tag Erstaunliches: Die Medizinmänner sind keineswegs die Scharlatane, als die man sie bei uns allgemein betrachtet, sondern sehr erfahrene Heiler, die genau wissen, was sie tun. In der Universität von Dakar z.B. arbeiten afrikanische Medizinleute Hand in Hand mit französischen Ärzten!

Ihre für uns fremde Riten haben einen absolut einleuchtenden Hintergrund: Psychologie!

Jeder Heilerfolg hängt im hohen Maße von dem Glauben an sie ab und dazu gehört eben ein bisschen Schau. Wenn es hilft, wer will dagegen etwas sagen? Sie glauben alle irgendwie an ihre alten Götter und die wollen bestimmte Rituale!

Die Senegalesen sind überwiegend Mohammedaner, aber die Naturreligionen sind heute noch sehr weit verbreitet und werden oftmals nur überdeckt.

Der später als „Rebell wider den Papst“ bekannte gewordene Kardinal Levèvre leitete früher eine Missionsstation ganz in unserer Nähe. Die Regenzeit will nicht kommen, die Afrikaner sind verzweifelt.

Die anberaumte Prozession bringt auch keinen Erfolg, jedenfalls: Eines Tages kehrt Levèvre von einer Reise zurück und hört aus seiner Kirche ein Riesengetöse. Da sind seine Schäfchen gerade dabei, ihre traditionellen Zeremonien zu zelebrieren, um, wenn der Christengott schon keinen Regen schaffen kann, ihre Götter um Wasser zu bitten. Ihr Missionar hat etwas streng reagiert, einmal à la Tempelaustreibung!

Ich erfahre auch Erstaunliches über Schlangen.

Mamadou klassifiziert sie in „ein bisschen giftig, sehr giftig und nicht giftig“, wobei die wirklich giftigen Schlangen meistens die kleineren sind. Den Biss einer Puffotter, ausgewachsen ca. 2 Meter lang, kann ein gesunder Mann, je nachdem, ob ein Gefäß getroffen wird oder nicht, bis zu 6 Stunden überstehen, den einer grünen oder noch schlimmer einer schwarzen Mamba aber um Minuten!

Schlangen sind Fluchttiere und greifen nur an, wenn sie in die Ecke getrieben werden. Dieses gilt angeblich für eine Gattung nicht: Die absolut tödlichen Mambas.
Sie greifen angeblich grundsätzlich an!

Ob es stimmt kann ich nicht sagen, denn Jägerlatein gibt es nicht nur bei uns.

Tatsache ist aber auch, dass die Furcht der Afrikaner vor den Schlangen so groß ist, dass schon Leute nur deshalb starben, weil plötzlich eine harmlose Baumnatter auf sie fiel.

Leider aber muss ich auch sehr trauriges über die Tierwelt des Senegals hören.

Es gibt sie nicht, wenn man von dem reichhaltigen Vogelvorkommen der Mangroven des Sene-Flusses absieht.

In einem afrikanischem Land keine Tiere?

Seit der französischen Revolution besteht ein Bürgerrecht, das Recht der Freien Jagd.
Jeder Bürger hat das den Adligen abgenommene Recht zu jagen und zu schießen, was ihm gefällt, und genau das haben die Franzosen reichlich getan..
Wer nach Hause fährt und kein Löwenfell im Reisegepäck hat, kann doch nicht prahlen oder??

Der Versuch der Regierung, die Savanne wieder zu bewildern stößt auf den erbitterten Widerstand der Bauern der ca. dreißig verschiedenen Stämme mit sehr unterschiedlichen Kulturen, die alles eines gemeinsam haben: Sie leben von der Rinderhaltung und fürchten nichts so sehr als Raubtiere oder aber auch Fresskonkurrenten für ihre Tiere.
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In einem Nationalpark, (Nicolo-Koba-Park) wird der Versuch gemacht, Tiere wie in einem riesigen Zoo zu züchten, neu anzusiedeln.

Ende der Aktion, die Leute tuscheln und ich komm dahinter, sie überlegen, was sie mir zum Abschied schenken können.

Mein diskreter Hinweis ist - und ich meine diskret : dass ich einen Wunsch hätte: sie sollen weiter machen und mich nicht so schnell vergessen und dass ich von ihnen erwarte, dass sie, wenn dann die Geräte da seien, den Brandschutz in der nahen Stadt M’bor (auch: Mboro) übernehmen sollen.

Das ist vorher mit dem Claude abgeklärt, und die Leute sind im Sinne des Wortes „Feuer und Flamme“

So habe ich ganz nebenbei, meiner Kenntnis nach, die erste Freiwillige Feuerwehr Afrikas gegründet.

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